Mülheim. . Mülheimer Thyssenbrücke war an vielen Stellen verrostet. Die alte Brücke ist Donnerstag Geschichte. Der Umbau läuft jetzt wieder im Zeitplan.
Unter der Thyssenbrücke fliegen die Funken. Das über 100 Jahre alte Stück Mülheim ist ab Donnerstag Geschichte. Rund um die Uhr wird am Abbau gearbeitet – oben und unten. Am 28. Oktober in der Früh wird der erste Intercity auf der derzeit gesperrten Strecke durchsausen, „dann müssen wir fertig sein“, sagt Projektleiter Ralf Grunert. Es sieht gut aus. „Alles wieder im Zeitplan“, atmet Baudezernent Peter Vermeulen auf. Das Bauprojekt Thyssenbrücke war und ist eine der kompliziertesten Bauaktionen seit Jahrzehnten.
Vermeulen führt am Mittwochabend die CDU-Fraktion noch einmal unter und auf das Bauwerk. Es ist ein Projekt, das quasi auf jedem Meter neue Probleme entwickelte, wie Grunert erläutert. Jetzt beim Abriss wurde auch das ganze Ausmaß der Zerstörungen sichtbar. Bis auf wenige Millimeter hat der Rost an manchen Stellen die Stahlscheiben durchfressen. „Messerscharfe Kanten gibt es“, sagt Grunert. Statt 15 Millimeter Dicke fand man an manchen Stellen nur noch zwei Millimeter vor. Gerade an den schwer einsehbaren Knotenpunkten hatte der Zahn der Zeit schwere Schäden angerichtet. „Wir wussten durch Begutachtungen von den Mängeln“, sagt Vermeulen und betont noch einmal, dass die alte Brücke so oder so nicht länger hätte befahren werden dürfen.
1080 Tonnen werden bewegt und eingeschmolzen
Ein riesiger Teleskopkran, es soll mit der größte in Europa sein, hebt die zerlegten Stahlträger ab. 1080 Tonnen werden bewegt und schließlich eingeschmolzen. Die neue Brücke liegt gleich daneben. Sie wird mit 24 Metern acht Meter breiter als die alte sein. Zwei Schienenstränge liegen für die Straßenbahn darauf. Für den Autoverkehr wird es drei Spuren, zwei Richtung Innenstadt und eine Richtung Styrum, geben. Ein dreieinhalb Meter breiter Rad- und Fußweg ist angelegt. Das Brückengeländer steht. Die für die Friedrich-Wilhelm-Hütte so wichtige Gasleitung ist neben der neuen Brücke vorhanden.
Seit ein paar Wochen wird unter Hochdruck in drei Schichten gearbeitet, nachdem es durch eine Baupanne zu erheblichen Verzögerungen gekommen war. Stahlträger lagen nicht auf der Stahlschiene des tragenden Betonsockels auf. Es klaffte eine Lücke von sieben Zentimetern. Mit Hilfe eines Gutachters konnte das Problem gelöst werden. Keile wurden gesetzt, die Lücken geschlossen. Unter dem Beton ist kaum noch etwas davon zu erkennen, dass Stadt und Baufirma hier vor einem möglichen jahrelangen Stillstand und Rechtsstreit standen.
Wer zahlt am Ende für Baupanne?
Doch das Tempo hat seinen Preis. 29 Millionen Euro kostet die Brücke, das sind noch einmal vier Millionen mehr als zuletzt geplant. Dabei waren die Kosten ohnehin schon um 40 Prozent auf 25 Millionen gestiegen. Zwölf Millionen muss die Stadt finanzieren. Das Gros tragen VRR und Land. Offen ist jetzt, wie die Mehrkosten aufgeteilt werden. Vermeulen ist wichtig, dass derjenige zahlt, der die Panne zu verantworten hat. Doch da fühlen sich derzeit Planer, die Baufirma Heinrich Walter Bau und die Stadt allesamt schuldlos.
In den Ferien stoppt die Bahn ihre Züge auf der Strecke
Zu je 50 Prozent sind erst einmal die Stadt und die Baufirma in Vorleistung getreten, damit es weitergeht. Nur in den Herbstferien stoppt die Bahn ihre Züge auf der Strecke. Abgerechnet wird zum Schluss. An einer außergerichtlichen Einigung ist Vermeulen interessiert. Er sagt aber auch, dass am Ende vielleicht drei bis fünf Prozent der Mehrkosten bei der Stadt hängen bleiben könnten, also 120.000 bis 150.000 Euro. „Das wäre zu verkraften und noch ein guter Ausgang“, sagt die baupolitische Sprecherin der CDU, Christina Küsters. Hauptsache, kein jahrelanger Stillstand.
>>> 73 METER BRÜCKE FÜHREN NACH STYRUM
Die neue Thyssenbrücke wird mit 73 Meter ebenso lang sein wie die alte. Sie wird an den Seiten jedoch nicht wie die alte Stahlbögen haben. Zum Schutz wurden an den Außenseiten zwei Meter hohe Scheiben neben dem Brückengeländer angebracht.
Die Brücke war vor Jahren von der Bahn, wie anderswo auch, der Stadt übertragen worden.