Mülheim. . Baudezernent Vermeulen verlangt von der Politik eine Entscheidung über Fortsetzung der Bauarbeiten oder gerichtliches Beweissicherungsverfahren.

Weiterbauen oder gerichtliches Beweissicherungsverfahren? Baudezernent Peter Vermeulen beharrt darauf, dass die Politik diese Frage zur neuen, mit erheblichen Baumängeln behafteten Thyssenbrücke am Donnerstag kommender Woche im Stadtrat entscheidet.

Sich ein politisches Votum einzuholen, sei in der Frage gar nicht anders möglich, reagiert Vermeulen auf den Bericht dieser Zeitung unter der Schlagzeile „Politik baut Vermeulen keine Brücke“. Darin war berichtet worden, dass der Planungsausschuss sich zu einer Entscheidung zunächst nicht in der Lage sah. Die SPD hatte Beratungsbedarf für sich reklamiert, weil der Sachstandsbericht zur Brücke von Vermeulen erst wenige Tage zuvor an die Politik rausgegangen war.

Hart geführte Debatte erwartet

Vermeulen steht in der Angelegenheit mächtig unter Druck. Er muss sich auf eine hart geführte Debatte im Rat einstellen, das ist schon im Planungsausschuss deutlich geworden, als nicht nur Dieter Wiechering (SPD) andeutete, dass es reichlich Redebedarf geben werde. Jochen Hartmann (Bürgerlicher Aufbruch) war noch weiter gegangen. Er hatte dem Baudezernten unmissverständlich klargemacht, sich nicht in die Verantwortung für das Bauschlamassel in Styrum nehmen zu lassen.

Baudezernent Peter Vermeulen beim Ortstermin an der Thyssenbrücke.
Baudezernent Peter Vermeulen beim Ortstermin an der Thyssenbrücke. © Jörg Schimmel

Vermeulen betonte jetzt im Gespräch mit dieser Zeitung, dass es ihm darum auch nicht gehe. „Natürlich bin ich in der politischen Verantwortung dafür. Ich tue alles, damit Schaden von der Stadt abgewendet wird.“

Vermeulen im Dilemma

Der Baudezernent ist der Ansicht, ohne politisches Votum in der strittigen Brücken-Frage handlungsunfähig zu sein: „Ich kann so eine Entscheidung ohne Budget nicht treffen“, sieht er sich im Dilemma, ohne allerdings eine Kostenkalkulation für Variante A oder B präsentieren zu können.

Mindestens teuer vorfinanzieren müsste die Stadt ohnehin – egal welche Entscheidung zur Brücke fällt. Sollte sie sich zum Weiterbau entscheiden mit dem Ziel, die neue Brücke noch im Herbst in Betrieb zu nehmen, müssten mehr als zwei Monate Baustellen-Stillstand aufgeholt werden. Eine entsprechende Beschleunigungsmaßnahme würde die Baufirma teuer in Rechnung stellen. Zusätzlich wäre, weil die Stahlträger im Osten der Bahngleise bekanntlich einige Zentimeter in der Luft stehen, der Straßenanschluss an die Oberhausener Straße neu zu planen. Noch mal Kosten. . .

Beweissicherungsverfahren birgt auch Finanzrisiken

Variante B, das gerichtliche Beweissicherungsverfahren, birgt womöglich noch mehr finanzielle Risiken. Jeder Tag, an dem nach dem für die Herbstferien geplanten Abriss der nicht mehr standsicheren alten Brücke keine Brücke steht, wird bare Münze kosten. Es gibt auch hierzu noch keine Kostenschätzung. Doch allein der Umstand, dass mit dem Abriss der alten Brücke die Gasversorgung der Friedrich-Wilhelms-Brücke unterbrochen wäre, weil die Leitung an der Brücke montiert ist, könnte sich zum finanziellen Desaster auswachsen. Als Verursacherin der Leitungsunterbrechung sei die Stadt für die Ersatzversorgung verantwortlich, so Vermeulen.

Hinzu kommt: Zwar spart die Stadt laut Vermeulen grundsätzlich Geld, wenn die Straßenbahn 112 durch Busse ersetzt wird, doch der Boomerang kommt aus Oberhausen. Dort würden die Bahnen ja weiterfahren. Die Stadt Mülheim garantiert für die Bahnen aber die Wartung am Ruhrbahn-Betriebshof an der Duisburger Straße in Broich, weil Oberhausen keine eigene Straßenbahn-Werkstatt hat. Bahnen müssten im Zweifel per Tieflader nach Mülheim gebracht werden, so Vermeulen. Das kostet: ebenfalls viel Geld.

Seinen Sommerurlaub hat Vermeulen bewusst „so geplant, dass ich jederzeit auf Abruf bin“.

>> BAUVERWALTUNG UND BRÜCKENPLANER STREITEN

Die Arbeiten am Überbau der neuen Thyssenbrücke sind am 20. April eingestellt worden, nachdem festgestellt worden war, dass zwischen Unterbau und Stahlträgern bis zu sieben Zentimeter große Lücken klaffen.

Seither streiten städtische Bauverwaltung, Brückenplaner und Baufirma darüber, wer den schwerwiegenden Mangel zu verantworten hat.

Nach mehreren Kostensteigerungen ist bereits ein Investitionsvolumen von 25 Millionen erreicht.