Mülheim. . Mülheimer Ratsmehrheit möchte OB angesichts der staatsanwaltlichen Ermittlungen lieber im Urlaub sehen als auf dem Chefsesel. Scholten lehnt ab.

Mit großer Mehrheit hat der Rat am Donnerstagabend Ulrich Scholten (SPD) aufgefordert, seine Amtsgeschäfte als Oberbürgermeister ruhen zu lassen, bis die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn abgeschlossen sind. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue. Geschlossen stimmten die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und BAMH sowie Teile der Grünen für diesen Schritt. Es gab lediglich sechs Gegenstimmen und drei Enthaltungen. Scholten lehnte dies ab. Er betonte, sich weiterhin mit seiner ganzen Kraft für die Stadt einsetzen zu wollen. Stadtdirektor und Rechtsdezernent Frank Steinfort hatte zuvor erklärt, dass ein Ruhenlassen des Amtes nach Beamtenrecht gar nicht möglich sei.

Rat: Beitrag gegen weitere Imageverluste Mülheims

Einige Ratsmitglieder legten Scholten daraufhin nahe, dann doch lieber Urlaub statt weiterhin auf dem Chefsessel im Rathaus Platz zu nehmen. Das Ruhen des Amtes wäre aus Sicht des Rates ein Beitrag gegen weitere Imageverluste Mülheims. Die Fraktionschefin der CDU, Christina Küsters, hält den Schritt für notwendig, um weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden. Sie könne sich zudem nicht vorstellen, dass unter den jetzigen Bedingungen noch die Funktionsfähigkeit der Stadtverwaltung gegeben sei. Scholten widersprach dem. Bereits vor einigen Wochen hatte der Rat gleich drei Rügen gegenüber dem OB ausgesprochen. Den Antrag auf ein Abwahlverfahren stellte jedoch bisher kein Ratsmitglied.

Peter Beitz (FDP) legte dem OB nahe, schon allein aus Eigenschutz das Amt ruhen zu lassen. Der Druck ist auf Dauer hoch. Dieter Spliethoff sprach das aus, was viele in Politik und Stadtgesellschaft inzwischen verspüren: Es reicht nach fünf Monaten Streit um die unklaren Spesenabrechnungen des OB bei weitem. Die Debatte habe inzwischen eine Sprengkraft erreicht, über die sich der politische Gegner nur noch freuen könne, so Spliethoff. Auch wenn Scholten der Aufforderung, das Amt ruhen zu lassen, nicht nachkommen will, so ist die Abstimmung darüber aus Sicht der SPD ein starkes Signal.

SPD leidet massiv unter der Scholten-Affäre

„Ausgelutscht“ nannte Lothar Reinhard (MBI) das Thema. Andere wie der langjährige SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering sprachen vor der Abstimmung gar von „Blödsinn“, dem man nur zustimme, weil man sich einem Fraktionszwang beuge.

Die SPD leidet massiv unter der Scholten-Affäre. Fraktion und Partei sind gespalten. Der Unterbezirksausschuss hat Anfang der Woche Scholten das Vertrauen entzogen und den Rücktritt vom Parteivorsitz gefordert. Dass Scholten auf seiner Facebook-Seite mit dem anhängenden Impressum des Oberbürgermeisters samt Rathaus-Adresse dazu seitenlang Stellung genommen hat und die Bürger auffordert, der SPD in Mülheim gewogen zu bleiben, brachte die CDU gänzlich auf die Palme. Dienstliches und Privates werde hier nicht mehr getrennt. Jochen Hartmann (BAMH) sieht hier klar die Neutralitätspflicht des Oberbürgermeisters verletzt. Mühsam versucht der OB, sich zu verteidigen. Längst ist er ein Einzelkämpfer.

Stadtrat strich OB Scholten die Verfügungsmittel

Er ist auch ein Stadtoberhaupt, dem jetzt offiziell vom Stadtrat die Verfügungsmittel gestrichen worden sind. Mit großer Mehrheit votierte der Rat auf Antrag der CDU dafür. Rechnungen sind jetzt auch von ihm einzeln einzureichen, sie werden in der Verwaltung geprüft und beglichen. Er könne damit gut leben, hieß es. Die städtische Kreditkarte hat der OB längst abgegeben. Sie liegt übrigens nun im Stadtarchiv.