Mülheim. . Sie gefährden andere und sich selbst: Fahrradfahrer, die auf der falschen Seite fahren. Polizei und Stadt wollen dagegen vorgehen.

Wenn Radfahrer aus Bequemlichkeit auf der falschen Straßenseite fahren, kann die vermeintliche Abkürzung schnell böse enden: Autofahrer und auch andere Radler rechnen nicht mit Gegenverkehr. Drei solcher Fälle gab es im vergangenen Jahr allein an der Mühlenbergkreuzung nahe der Stadthalle. Die Polizei und auch der Fahrradbeauftragte Helmut Voss sprechen von einem Unfallschwerpunkt. Mit einer Kampagne gegen „Geisterradler“ wollen sie ab sofort zum Wechsel auf die sichere Seite bewegen.

Denn unabhängig davon, ob man die Fälle als viel oder wenig einschätzt, jeder vermeidbare Unfall ist einer zu viel – „uns geht es nicht um die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung, sondern in erster Linie um die Sicherheit für Radler“, sagt Voss. Vier Schwerpunkte haben Polizei und Stadt bisher ausgemacht, an denen die Verlockung auf der falschen Seite zu fahren offenbar groß sind.

An der Stadthalle wird es unübersichtlich

Die Duisburger Straße ab Hochschule und auch Karlsruher Straße zählen dazu, der Kassenberg Richtung Saarn ab Heuweg, die Ruhrorter Straße – hier ist die Gefahr durch LKW besonders groß – und eben auch die Mühlenbergkreuzung, an der gut 60 000 Fahrzeuge kreuzen. Hier fahren Radler etwa von der Müga links Richtung Innenstadt weiter. An den Säulen der Stadthalle wird es jedoch gefährlich übersichtlich. 50 Plakate an diesen Stellen mit dem Hinweis „Stop“ und „Seite wechseln“ sollen auf das Problem aufmerksam machen. „Wenn Bürger weitere Problemstellen kennen, können sie uns informieren“, sagt Martin Woltering, Polizist und passionierter Pedalenstrampler.

Wenn Radler auf falscher Fährte sind, ist das nicht immer der Bequemlichkeit, sondern gelegentlich auch einer umständlichen, bisweilen skurrilen Verkehrsplanung geschuldet. Das räumen der Fahrradbeauftragte Voss und Peter Roedel, Leiter der Straßenverkehrsbehörde, ein: „In der Stadtverkehrsplanung ist jahrzehntelang die Autostadt verfolgt worden“, so Roedel, Radfahrer spielten eine untergeordnete Rolle. „170 000 Mülheimer besitzen etwa 100 000 Auto“, macht er auf das inzwischen gestiegene Platzproblem auf der Straße aufmerksam. Auch hat man planerisch erst seit 1997 begriffen, dass man Radwege in beide Richtungen nicht auf einer Straßenseite zusammenlegen sollte, weil der Gegenverkehr sowohl Radler als auch abbiegende Autofahrer immer wieder irritiert. Auf der Duisburger Straße etwa sollen Fahrradfahrer wieder getrennt rechts und links unterwegs sein.

Die Mühlenbergkreuzung und der Weg Richtung Saarn ist dafür ebenso ein gutes Beispiel: Wer vom Broicher Damm über die Bergstraße in Richtung Saarn fährt, muss ab Konrad-Adenauer-Brücke auf die rechte Seite. Ab Mühlenbergkreuzung muss er auf den gemeinsamen linksseitigen Radweg wechseln.

Konfuser und umständlicher geht es für Radler kaum

Die Baustelle an der Kassenbergbrücke unterbricht seit vier Jahren den Radweg – also wieder ein Wechsel nach rechts und dahinter zurück auf die linke Seite. Ab der Kreuzung Kassenberg, Ecke Heuweg wird der gemeinsame Radweg schließlich wieder getrennt: also nach rechts auf den „neuen“ Weg entlang der Düsseldorfer Straße. Konfuser und umständlicher geht es für Radler kaum noch. Auch den Fahrradbeauftragten Voss wundert es nicht, dass mancher Pedalenritter der Einfachheit halber auf einer Seite bleibt – und doch ist die Gefahr groß. Voss: „Radler wollen und müssen im Verkehr ernst genommen werden. Wir müssen mittelfristig für eine Durchgängigkeit von Radwegen sorgen.“

>>> Verkehrsbehörde hofft auf Hinweise

Kennen Sie problematische Stellen für Radfahrer? Wo fahren Radler immer noch häufig auf der falschen Seite? Zu diesem Thema nehmen die Verkehrsbehörde sowie der Fahrradbeauftragte Helmut Voss Hinweise entgegen. Die können abgegeben werden unter der E-Mail-Adresse helmut.voss@muelheim-ruhr.de. Denn, so Voss: Jeder Unfall, der vermeidbar ist, sei einer zuviel.