Mülheim. Um den Haushalt 2020 auszugleichen, schlägt der Kämmerer vor: Grundsteuer B und Kita-Beiträge erhöhen. Stellen abbauen, Einschnitte beim ÖPNV.
Das Leben in Mülheim dürfte in den nächsten Jahren für viele teurer werden. Kämmerer Frank Mendack schlägt dem Stadtrat eine Vielzahl von Gegenmaßnahmen vor, um im Jahr 2020 einen ausgeglichenen städtischen Haushalt vorlegen zu können. Dazu gehören eine nochmalige Erhöhung der Grundsteuer B, die alle Eigentümer tragen und die meist auf Mieter übertragen wird, eine Anhebung der Kita-Gebühren, eine Reduzierung des Personals in der Offenen Ganztagsbetreuung (OGS), ein weiterer Stellenabbau im Rathaus, Einschnitte beim ÖPNV – und der Rückkauf des Rathauses von der SWB.
Kämmerer sieht keine andere Möglichkeit mehr
Gerne schlage er das alles nicht vor, aber er müsse es, betonte Mendack am Donnerstag im Gespräch mit dieser Zeitung. Er sehe keine andere Möglichkeit, damit die Ausgaben die Einnahmen nicht länger übersteigen. Das dürfen sie ab 2020 auch nicht mehr. Gesetzlich ist die Stadt verpflichtet, als Teilnehmerin des Landes-Stärkungspaktes keine weiteren Schulden zu machen. Ohnehin liegen die Gesamtschulden in Mülheim schon über zwei Milliarden Euro. Jedes Jahr kamen neue hinzu, und immer, so Frank Mendack, habe man sie hingenommen und auf bessere Zeiten gehofft. Das ist vorbei. Defizite muss die Kommune nun im Laufe des Jahres ausgleichen.
Einfach ist das nicht mehr. Gewerbe- und Grundsteuern wurden bereits mehrfach erhöht, ebenso Beiträge. Hunderte von Stellen wurden abgebaut, Grundstücke verkauft – die Liste der Konsolidierungsmaßnahmen ist lang.
Gewerbesteuer um 30 Millionen eingebrochen
Massive Einbrüche bei der Gewerbesteuer, weiterhin hohe Soziallasten, extreme Defizite beim ÖPNV und hohe städtische Standards sind für den Kämmerer die Treiber in der Misere. Woanders sprudeln die Gewerbesteuereinnahmen, in Mülheim sind sie um 30 Millionen eingebrochen. Erst 2022 rechnet Mendack mit einer Trendwende. Bei der Versorgung der Asylbewerber zahlte und zahlt die Stadt innerhalb von sechs Jahren fast 94 Millionen Euro drauf, für die Hilfe zur Erziehung sind es im gleichen Zeitraum sogar 177 Millionen. „Es ergeben sich in den Jahren 2019 bis 2022 nochmals wesentliche Verschlechterungen“, so Mendack.
Ohne Gegensteuern, das machte er mit OB Ulrich Scholten am Nachmittag im Rat deutlich, sei der vom Land vorgeschriebene Haushaltsausgleich nicht zu schaffen. Geschehe nichts, würde Mülheim trotz der Millionenhilfe des Landes von jährlich über 30 Millionen Euro im Jahr 2020 weitere 15 Millionen an Defizit aufweisen, 34 Millionen wären es gar drei Jahre später.
Rat muss die Vorschläge nicht annehmen
Die Maßnahmen des Kämmerers sind Vorschläge, der Rat kann, muss sie aber nicht annehmen. Er kann selbst welche erarbeiten. Auch bei den zusätzlichen Belastungen für Eltern und Steuerzahler ist der Rat in seiner Entscheidung frei. Die Vorschläge des Kämmerers würden jedoch ab 2020 zu einem leichten Plus in der Bilanz führen – sollten nicht neue Belastungen durch neue Aufgaben oder konjunkturelle Veränderungen entstehen.
Falls der Rat die Vorschläge des Kämmerers ablehnt und selbst keinen Ausgleich zwischen Ausgaben und Einnahmen erzielt, wird, da ist Mendack sicher, ein Sparkommissar kommen, ein Beauftragter des Landes, der Maßnahmen quasi im Alleingang der Stadt verordnen werde. Das, so Mendack und Scholten, könne keiner wollen.
Im Jahr 2019 liegen in Mülheim die geplanten Erträge bei rund 818,5 und die Aufwendungen bei 829 Millionen Euro. Damit ergibt sich nochmals ein Defizit von 10,5 Millionen. Es soll das letzte sein.