Mülheim/Essen. . 15 Männer und sechs Frauen gelten in Essen und Mülheim bei der Polizei als Langzeitvermisste. Von ihnen fehlt seit mehr als einem Jahr jede Spur.
Santo Sabatino ist der 21. auf der Liste. Neben dem verschwundenen Promi-Gastronomen gelten derzeit im Bereich des Polizeipräsidiums Essen/Mülheim 20 weitere Menschen, sechs Frauen und vierzehn Männern, als Langzeitvermisste, das heißt, von ihnen fehlt seit zwölf oder mehr Monaten jede Spur. Verschwunden sind sie laut interner Statistik der Polizei in den vergangenen 30 Jahren. Was alle Fälle eint: Mit jedem Tag mehr, den ihr Verschwinden andauert, schwindet die Hoffnung, dass sie jemals unversehrt wieder auftauchen. Für die Angehörigen sei das eine unglaublich belastende Situation, sagt der Essener Polizeisprecher Christoph Wickhorst.
Im Präsidium kümmerten sich drei Beamte ausschließlich um Vermissten-Fälle. „Das ist eine sehr, sehr anspruchsvolle Aufgabe“, sagt Wickhorst. Die Spezialisten könnten je nach Dringlichkeit einen ganzen Such-Apparat dazuschalten, mit Tauchern, Hubschraubern, Spürhunden, Handy-Ortung, Öffentlichkeitsfahndung. Und das Team hält neben der Koordination der Gesamtmaßnahmen den Kontakt zu den Angehörigen, die auf ein Lebenszeichen hoffen. Die Zahl der bearbeiteten Vermissten-Fälle steige beständig an, sagt Wickhorst: Von 135 im Jahr 2014 über 175 (2015) und 223 (2016) auf 256 im vergangenen Jahr. Über die Gründe könne die Polizei nur spekulieren, sagt Wickhorst. Er schätzt, dass nicht zuletzt die Angehörigen sensibler geworden sind, wenn nahestehende Menschen verschwinden - auch kurzfristig.
Viele Fälle bleiben komplett rätselhaft
Auch interessant
Nach dem Verschwinden Sabatinos im Sommer 2017 hatte die Polizei eigens eine Ermittlungskommission mit Beamten aus diversen Fachbereichen ins Leben gerufen. Trotzdem ist die Suche nach dem Mülheimer bis heute ohne Erfolg geblieben. Seit dem Verschwinden Sabatinos gibt es keine Geldabhebungen, keine Mobilfunkdaten, nichts, was die Beamten auf seinen Aufenthaltsort hinweisen könnten.
Auch interessant
Einen ähnlich spektakulären Fall bearbeitet die Behörde nun schon seit dem September 2013. Bis heute ist es nicht gelungen, auf ein Lebenszeichen von Pierre Pahlke zu stoßen. Der Vermisste wurde zuletzt vor einem Penny-Markt in Frillendorf gesehen. Einen immensen Aufwand hat die Polizei auch hier betrieben, um ihn zu finden. Sogar Autobahnen wurden gesperrt, um mit sogenannten Mantrailer-Hunden Routen abzusuchen, die Pahlke genommen haben könnte. Für Hinweise auf seinen Verbleib hat die Familie eine Belohnung von 30.000 Euro ausgesetzt, auch das hat bislang nichts gebracht.
Auch interessant
Ähnlich rätselhaft ist auch das Verschwinden von Ralf K. Am 2. Februar 2017 verschwand der damals 41-Jährige spurlos. Von Duisburg aus, wo Ralf K. arbeitete, rief er noch seine Angehörigen an. Wenig später werden elektronische Geräte von ihm noch einmal in der Duisburger Innenstadt und in Mülheim-Styrum geortet - es ist das letzte Lebenszeichen des Kettwigers. „Ein ungewöhnlicher Fall“, sagt Wickhorst, „der Vermisste galt als sehr zuverlässig.“
Es gibt auch die Fälle, bei denen die Öffentlichkeit nur einen geringen Anteil genommen hat, wie den eines 60-Jährigen aus der Mülheimer Heimaterde, der im persönlichen Umfeld mehrfach angekündigt hatte, verschwinden zu wollen, und von dem seit November 2016 jede Spur fehlt. Oder den eines 58-Jährigen aus Essen-Katernberg, der im März 2017 verschwand. Bis heute weiß die Polizei nicht, wo die Männer sich aufhalten könnten und ob sie überhaupt noch am Leben sind.
1500 Vermissten-Meldungen in jedem Jahr
Jährlich gehen bei der Polizei Essen/Mülheim rund 1500 Vermissten-Meldungen ein, die oft erst gar nicht zum Fall werden - das ist die gute Nachricht: Die Mehrheit der Vermissten taucht innerhalb der ersten 24 Stunden wieder auf oder wird zeitnah entdeckt. Auch von solchen Fällen können die Beamten berichten: Da war mal eine Frau, die sich für zwei Wochen in einen so spontanen wie geheimen Türkei-Urlaub verabschiedet hatte. Oder das Kind, das die Eltern als vermisst gemeldet haben und das Polizisten dann in einem Versteck auf dem Dachboden „wiederfinden“. Einen solchen „Abschluss“ eines Falls können sich viele andere Angehörige von Vermissten aber nur wünschen.