Mülheim. . BAMH verteilt weitere Feinstaub-Sensoren. Die Umweltämter von Stadt und Land begrüßen Einbeziehung der Bürger, sehen die Technik aber kritisch.
Weil die Fraktion Bürgerlicher Aufbruch Mülheim (BAMH) den Messwerten in Sachen Luftreinhaltung, die die Umweltbehörden vor Ort preisgeben, misstraut und in der Angelegenheit mehr Transparenz verlangt, hat die Fraktion vor rund vier Monaten das Projekt „Bürger messen selbst“ gestartet. Die BAMH-Kritik zu Beginn der privaten Messungen: „In Mülheim wird in Styrum und an der Aktienstraße lediglich Stickoxid in einem Laborverfahren gemessen. Das reicht für eine realistische Einschätzung der Luftqualität in Mülheim nicht aus.“
Sechs weitere Sensoren
Kurzerhand bestellte die Fraktion Geräte zum Eigenbau im Internet. „Sechs Sensoren senden derzeit permanent ihre Daten über die Feinstaubkonzentration zur Auswertung an die Initiative Luftdaten.info“, meldet die BAMH aktuell und kündigt an: „Weitere sechs Sensoren werden im Laufe des Monats August hinzukommen, denn wir haben an interessierte Bürger im Rahmen eines Workshops Sensoren verteilt und helfen bei der Inbetriebnahme.“ Die Messergebnisse dieser Sensoren werden gesammelt, im Oktober soll es eine erste Auswertung der Ergebnisse geben. „Schon jetzt kann man feststellen, dass die Grenzwerte deutlich unterschritten werden. In keinem Fall ist es bisher auch nur annähernd zum Erreichen des Grenzwertes gekommen,“ so Dr. Martin Fritz.
Das örtliche Umweltamt und das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) verwundert dieses Ergebnis nicht. „Mit Feinstaub haben wir in NRW keine Problematik mehr“, sagt Wilhelm Deitermann, Pressesprecher des Lanuv. Und auch Michael Stallmann vom Umweltamt der Stadt sagt: „Die Grenzwerte werden seit einigen Jahren eingehalten.“
Geräte nutzen eine andere Messmethode
Gleichwohl begrüßt man bei beiden Einrichtungen die Einbindung von Bürgern durch das Projekt „Bürger messen selbst“ der BAMH-Fraktion. „Wir freuen uns über das Interesse der Bevölkerung, das ist eine gute Sache“, sagt Gabriele Wegner, stellvertretende Leiterin des Umweltamtes. Auf den Effekt des Schwarmwissens hofft man beim Landesumweltamt, vorausgesetzt viele Mülheimer messen mit.
Beide Institutionen aber betonten, dass die Werte, die mit den Geräten Marke Eigenbau gemessen werden, nicht mit denen vergleichbar sind, die mit den Instrumenten der Behörden erfasst werden. „Aus technisch-wissenschaftlicher Sicht stehen wir den Geräten kritisch gegenüber“, sagt Gabriele Wegner und erklärt: „Eine Vergleichsstudie belegt, dass es Abweichungen gibt. Die Geräte nutzen eine andere Messmethode, unterliegen mehr Schwankungen.“ Das bestätigt Wilhelm Deitermann vom Lanuv: „Die Geräte nutzen die optische Messmethode. Dadurch haben sie etwa die Schwäche, dass sie beispielsweise bei Nebel extrem ausschlagen.“ Geräte, die das Landesumweltamt zur Messung einsetzt, fungierten anders, kosteten aber auch ein Vielfaches der Geräte aus dem Internet, die man per Bauanleitung selbst zusammensetzt, betont der Lanuv-Sprecher. „Unsere Werte sind rechtsfest“, so Deitermann.
Die BAMH-Fraktion will es dennoch nicht bei Messanlagen für Feinstäube belassen: Bis Ende des Jahres sollen auch einige Sensoren zur Messung von Stickoxiden folgen, kündigen der umweltpolitische Sprecher der BAMH, Martin Fritz, und der Fraktionsvorsitzende, Jochen Hartmann, an. Entsprechende Vorarbeiten dazu seien bereits im Gange.