Mülheim. „Fremd... das sind die Anderen“ heißt ein Abend, den Volxbühnen-Regisseur Jörg Fürst mit Schülern und Lehrern der Rembergschule entwickelt hat.
Nach der Heimat geht es spiegelbildlich bei der Volxbühne um das Fremdsein. Der Auftakt zur thematischen Auseinandersetzung bietet wieder eine Koproduktion mit Schülern und Lehrern der Rembergschule, die an diesem Wochenende nach dem überwältigenden Erfolg des letzten Jahres an zwei Abenden gezeigt wird. Und weil es für beide Seiten so viel Spaß macht und bereichernd ist, hat die Schule mit der Volxbühne für das kommende Jahr bereits ein drittes Projekt vereinbart.
Regisseur Jörg Fürst ist davon überzeugt, dass das Resultat noch besser als im Vorjahr gelungen ist. Das liegt zum einen an ihm selbst, der im vergangenen Jahr erstmals mit gehandicapten Menschen gearbeitet hat und sich inzwischen besser auf sie einstellen kann, ohne sie zu überfordern. Mit seiner Bühnenbildnerin Jana Denhoven, die frei am Düsseldorfer sowie am Dresdner Schauspielhaus und der Deutschen Oper in Berlin arbeitet, hat er einen Raum geschaffen, der Sicherheit und Geborgenheit vermittelt, den die Schüler für ihren Auftritt brauchen. Er sorgt auch für einen reibungslosen Ablauf. „Das läuft fast wie eine Maschine“, freut sich der 49-Jährige.
Peter Eisold gibt den Beat an
Und dann ist da natürlich noch der einfühlsame Schlagzeuger Peter Eisold, der mit der Reihe Audio im Umschlag ohnehin ein Stammgast der Volxbühne ist und die Maschine antreibt. Hier beschränkt er sich auf ein klassisches Schlagzeug, greift, wenn die Darsteller in poetischen Szenen ihre Tiermasken überstreifen, zur Melodica und sorgt mit dem Glockenspiel für traumhafte Momente. Zu Beginn spielt der Ruhrpreisträger acht Minuten lang wie einst Jaki Liebezeit einen dichten Techno-Beat. Durch den Bühnennebel trifft dann ein Lichtstrahl einen Hut, der aus zahlreichen kleinen Spiegeln besteht, was einen wunderbaren Effekt ergibt. Wie in einer Disco.
Seit Mitte Februar arbeitet Fürst zunächst ein Mal die Woche mit zwölf Schülern, vier Lehrern sowie sechs Volxbühnenmitgliedern an der Produktion unter dem Namen: „Fremd... das sind die anderen“. Es ist eine der ersten Antworten, die er auf die Frage nach dem Fremdsein erhielt. Inzwischen treffen sie sich täglich. Zunächst hat er mit seinem Übungsprogramm ausgelotet, wer welches Talent hat und für welche Aufgabe infrage kommt. Außerdem hat er Interviews mit ihnen geführt, welche Erfahrungen sie gemacht haben. Da ist das Mädchen, das stockend davon berichtet, dass sie mit ihrer Mutter Deutsch spricht, die Mutter, die aus Asien stammt, mit ihrer Tante aber Thai. Dann ist sie ihr fremd. Ein Junge erzählt, dass er, weil er behindert ist, mit dem Rad auf dem Gehweg fahren muss, dort aber von Fußgängern nicht geduldet wird.
Als Westpreußinnen gehänselt
Da sind dann auch noch Adelheid Borgmann und Ursula Roth. Die beiden 80-Jährigen kennen sich seit 75 Jahren. Beide stammen aus Westpreußen und wurden wegen ihres Akzents gehänselt, als sie nach Mülheim kamen. Sie haben ihn sich abtrainiert. Borgmann hat auch im Hospiz gearbeitet, Menschen begleitet, die dement wurden und sich und der Umwelt fremd wurden. „Es gibt Situationen, die hauen dich um. Es wird ein ganz berührender Abend“, verspricht Fürst. Über 20 Miniaturen umfasst der Abend. Auf einem abgeschnittenen Ölfass als Sockel hat dann jeder seinen Moment.
Für ihn ist das der Kern, den die Volxbühne ausmacht: „Wir stellen einen professionellen Rahmen und stiften Begegnungen, die im normalen Leben nicht möglich wären“, betont er. In der Schule sind die Schüler fast ausschließlich mit Frauen zusammen, im Theater haben sie dann auch intensiv mit Männern gearbeitet und man habe gemerkt, dass da etwas in Bewegung gekommen sei.
>> ZWEI AUFFÜHRUNGEN BEI FREIEM EINTRITT
„Fremd... das sind die Anderen“ heißt das 45-minütige Stück. Es war eine der ersten Antworten eines Schülers auf die Frage nach dem Fremden. Die Schüler sind zwischen 12 und 14 Jahre alt. Zwei waren bereits im vergangenen Jahr dabei.
Die Aufführungen beginnen am Freitag und Samstag (6. und 7. Juli) jeweils um 19.30 Uhr in der Volxbühne an der Adolfstraße 89a. Der Eintritt ist frei. Karten können reserviert werden unter: 43 96 29 11 oder Karten@Volxsbühne.de