Jörg Fürst, der seit bald drei Jahren die Volxbühne leitet, sucht wieder die Herausforderung. Nach Elfriede Jelineks Winterreise und der biografischen Selbstbefragung TraumA folgt nun die Adaption von Michel Houellebecqs 450 Seiten zählenden Roman die „Möglichkeit ist eine Insel“. Das wollte er schon machen, als er das Ensemble übernommen hat, denn Altern und Tod und ist ein Thema dieses komplexen Romans, der auf zwei Zeitebenen, in der Gegenwart und in der fernen Zukunft spielt. „Aber bei einem so provokanten Autor, der kein Blatt vor den Mund nimmt, muss erst gegenseitiges Vertrauen wachsen“, sagt er vor allem im Hinblick auf den radikalen und direkten Umgang mit Sexualität bei diesem Skandalautor. Statt der Menschen leben dann nur noch geklonte Neo-Menschen. „Wie konnte die Menschheit bereit sein, ihre Humanität und Mitmenschlichkeit aufzugeben, nur um der Alterung zu entkommen?“ Das ist die Frage, die den Erzähler des Romans und auch Fürst interessieren. An der Bühnenfassung für die 13 Experten des Alltags und vier professionelle Schauspieler muss er noch arbeiten. Der Premierentermin steht fest: 19. Januar 2017. Auch in Köln besteht bereits Interesse an dieser Neuproduktion. Acht Termine sind bereits in der Alten Feuerwache gebucht. 20 von 21 Vorstellungen waren dort bislang mit jeweils 120 Besuchern ausverkauft.
Im Theaterstudio an der Adolfstraße ist der Sonntag (mit anschließendem Gespräch) beim Publikum der beliebteste Tag, der Samstag könnte dagegen besser laufen. Ein Mysterium für Fürst ist es, dass Becketts „Das letzte Band“ mit Andreas Beutner schlecht laufe. „Wir geben nicht auf und hoffen noch und nehmen es mit in die neue Spielzeit.“ Auch Winterreise und TraumA werden bleiben im Repertoire, Trauma wird überdies am 15. Oktober auf der großen Bühne des Theaters an der Ruhr gezeigt. Das ist schon ein anderes Erlebnis.
Die offenen Workshops mittwochs nachmittags laufen sehr gut. Sie haben zu einer Verjüngung des Ensembles beigetragen, wie Fürst erzählt. Mit der Rembergschule ging die Volxbühne nun die siebte Schulpartnerschaft ein. In einem mehrmonatigen Entwicklungs- und einem intensiven einwöchigen Probenprozess entsteht ein Stück zum Thema Wasser. So ist das bei jedem Schülerworkshop. Die Arbeit mit Schülern ist oft faszinierend, manchmal aber auch richtig anstrengend und er habe dann das Gefühl, gar nicht voranzukommen. Wenn dann die Lehrer begeistert sind, wird ihm klar, dass alles eine Frage der Wahrnehmung sei.
Ganz wichtig ist Fürst, dass die Mülheimer das Theaterstudio „als ihren Ort“ entdecken können. Ausstellungen, Musik, Film – alles ist möglich außer andere Theaterstücke. Drei Ausstellungstermine für das Foyer sind in der Spielzeit vorgesehen, wer ambitioniert malt oder fotografiert, soll sich melden. Ein gewisser thematischer Zusammenhang sollte erkennbar sein.
City-Dance in Köln
Die Öffnung des Hauses zeigt sich auch an diesem Freitag, dann lädt die Volxbühne ab 16 Uhr zum Sommerfest in die Adolfstraße 89 a ein. Es beginnt um 16 Uhr mit dem Dokumentarfilm „Breath made visible“ von Ruedi Gerber. Anschließend gibt es Musik, die Finissage der Ausstellung mit Fotos von Cerstin Janus und die Möglichkeit, den Ort und die Aktiven kennen zu lernen. Der Film ist das Portrait der 96-jährigen Choreographin Anna Halprin. Der Film läuft nicht ohne Grund. Am 3. September ist die Volxbühne in Köln mit zehn Teilnehmern Teil der 13-stündigen Performance „City Dance“, den die Kölner Choreographin Stephanie Thiersch mit 300 Akteuren in Anlehnung an die Aktionen von Halprin konzipiert.