Mülheim. Agentur Mindstates sprühte im Auftrag der Bahn: Rotkehlchen steht für vogelfreies Reisen und lokale Verwurzelung. Warum Graffiti salonfähig ist.
Wer hat Mülheim den Vogel gezeigt? Das Rätsel um das gesprühte Rotkehlchen samt Mülheim-Schriftzug auf dem Hauptgebäude des Bahnhofs am Dieter-aus-dem-Siepen-Platz ist aufgeklärt: „Wir waren’s“, meldet sich die Duisburger Kreativagentur Mindstates.
Die Arbeit ist ganz legal im Auftrag der Deutschen Bahn gelaufen. Schon Ende 2017 stand der Entwurf fest. Erst Mitte Juni konnte er umgesetzt werden. Ganz typisch für den neuen Umgang von Unternehmen mit Graffiti, will die Bahn durch ein gut gestaltetes Vorbild verhindern, dass Amateur-Sprüher illegal auf die Fassade klecksen.
Rotkelchen hat symbolische Bedeutung
„Das Rotkehlchen ist bei uns in Europa und anderswo zuhause, deshalb steht es für vogelfreies Reisen und lokale Verwurzelung“, deutet der Kommunikationsdesigner und Erfinder des Graffiti, Marten Dalimot. Mit dem als Sandsteinmauer gestalteten Schriftzug haben der 37-Jährige und Mitstreiter Nils Jänisch die prägende Fassade unserer Stadt aufgenommen. Einen Tag werkelten sie an der Umsetzung, die fotorealistische Darstellung des flatternden Fliegenschnappers war daran die größte Herausforderung.
Dalimots Kreativagentur ist bereits seit elf Jahren in Duisburg und Umgebung umtriebig: Gut 300 künstlerisch veredelte Objekte stehen auf ihrer Haben-Seite, darunter Stromkästen, Umspannwerke und eine Kläranlage. „Wir wollen in unseren Graffiti immer das Umfeld aufnehmen“, sagt Dalimot. So ziert etwa Josef Beuys Konterfei eine Anlage an der Düsseldorfer Straße nahe des Lehmbruck-Museums.
Graffiti bis zu 750 Quadratmeter
Es geht durchaus größer: Für 450 und 700 Quadratmeter große Graffiti an Gebäuden etwa in Großenbaum und am Bahnhof Rheinhausen. Zwischen 60 und 120 Euro pro Quadratmeter kostet die Kreativität aus der Sprühdose. „Graffiti ist salonfähig, viele aktuelle Künstler haben dort ihre Wurzeln“, sagt Dalimot. Leider fehlen die legalen Flächen für den Nachwuchs, bemängelt Dalimot: „Das ist als würde man sich über das Fußballspielen in Garagenhöfen aufregen, wenn gleichzeitig die Wiesen dafür fehlen.“