Mülheim. . Mal niedliche Hauswandmalerei, mal anarchische Streetart: Am Hauptbahnhof und anderswo gibt ein sympathischer Piepmatz den Mülheimern Rätsel auf.

„Ich glaub’, hier piept’s“, mag man sich denken. In der Ruhrstadt machen gerade Vögel von sich reden. Weder schräge noch echte, sondern ein gemaltes Rotkehlchen ziert am Dieter-aus-dem-Siepen-Platz das Hauptgebäude des Mülheimer Hauptbahnhofs.

Mit zum Flug aufgespreizten Schwingen zieht der Fliegenschnapper an den kapitalen Lettern „Mülheim“ den Schriftzug „an der Ruhr“ hinter sich her – oder ist er daran gefesselt, so genau weiß man’s nicht.

„Es muss sich um eine Auftragskunst handeln“, spekulieren Mitarbeiter der Radstation. Denn die Künstler fertigten das Werk am helllichten Tag und ganz in Ruhe an, was man bei illegalen Sprayern selten beobachten kann. Bei dem vermuteten Auftraggeber – die Deutsche Bahn – ist man noch um Aufklärung bemüht, ob man und wer die Verantwortung hat. Bis Redaktionsschluss war es nicht zu klären.

Dicker Kopf, große Augen

„Vielleicht waren es ‘die Bonner’“ überlegt ein Beobachter des Kunstwerks, denn die sollen auch ein Rotkehlchen auf einem Häuschen der Medl am Kaiserplatz gemalt haben. Simon Horn von der Bonner Agentur Highlightz bestätigt die Arbeit für Medl – „wir sind vor gut drei Jahren angesprochen worden, weil wir solche Anlagen auch in Duisburg und Bochum verschönert haben.“ Doch für den Hauptbahnhof seien sie nicht verantwortlich.

Warum das Rotkehlchen nun ausgerechnet in der City glänzt, wo gemeinhin gar nicht der Lebensraum des bodennahen Brüters zu finden ist? „Das Rotkehlchen erfüllt wohl in erster Linie das Kindchenschema – dicker Kopf, große Augen“, meint die Mülheimer Nabu-Frau und Vogelkundlerin Elke Brandt amüsiert.

In der felsähnlichen Innenstadt wären typischer ein Mauersegler oder Hausrotschwanz anzutreffen. Und auch allgemein ist der sympathische Vogel an der Ruhr genauso viel oder wenig verbreitet, wie in vielen anderen Städten auch. Letztlich soll der gute Ruf des schnickernden Sympathieträgers auf das Unternehmen abfärben – ein Werbegag.

In blaupastelligen 50er Jahre-Farben

An anderer Stelle, in besagter Ruhrnähe, buhlte kürzlich ein weiterer Piepmatz um die Aufmerksamkeit: Auf Hinweisschildern und Schautafeln an der Schleuseninsel waren Aufkleber mit einer bislang unbekannten Vogelart in blaupastelligen 50er Jahre-Farben zu sehen.

Für diese Art „Mint-Meise“ sind die Künstler André Goldjung und Kate English verantwortlich: „Wir möchten einfach die Leute anregen, die Augen offenzuhalten. Und sich die Zeit nehmen, die Natur in Ruhe anzuschauen. Und den Leuten auch zeigen, dass Mülheim nicht so langweilig ist. Wenn man mal genau hin sieht.“ Die anarchischen Aufkleber sind inzwischen verschwunden, doch die Resonanz war positiv: „Schöne Idee von euch“, kommentierten Gäste auf Facebook.