Mängel an der Thyssenbrücke: Mülheims Baudezernent sucht vergeblich Rückendeckung bei der Politik. Weiterbau oder gerichtliche Beweissicherung?

Im Streit um die gravierenden Baumängel an der Thyssenbrücke sucht Baudezernent Peter Vermeulen nun die Rückendeckung der Ratspolitik. Vermeulen fordert von ihr eine Entscheidung, was er nun in verfahrener Situation tun soll: Unverzüglich weiterbauen lassen oder eine gerichtliche Beweissicherung einleiten, um feststellen zu lassen, wer die Baumängel zu verantworten hat? Der Planungsausschuss ließ sich am Dienstag nicht in die Verantwortung nehmen.

Bekanntlich sind die Arbeiten am Überbau der neuen Brücke in Styrum bereits am 20. April eingestellt worden. Seinerzeit war nach dem Auflegen des letzten von insgesamt 62 Stahlträgern von den städtischen Bauaufsehern festgestellt worden, dass die Stahlträger am östlichen Ende der Brücke nicht aufliegen. Zwischen Unterbau und Stahlträgern klaffen bis zu sieben Zentimeter große Lücken.

Seit mehr als zwei Monaten wird gestritten

Mehr als zwei Monate streitet die städtische Bauverwaltung nun schon mit den Brückenplanern auf der einen und der Baufirma auf der anderen Seite, wer den schwerwiegenden Mangel zu verantworten hat – ohne Ergebnis.

Der Lage ist äußerst verzwickt: Baudezernent Vermeulen hatte immer wieder betont, dass er in dieser unklaren Situation nicht einfach den Weiterbau anordnen wolle – was, wenn die ohnehin schon immens kostspieliger gewordene Brücke am Ende nicht dem Qualitätsstandard entspricht, den man für 25 Millionen Euro verlangen darf? Was, wenn sich nach dem Weiterbau im Zweifel nicht mehr geltend machen lässt, wer den Baumangel zu verantworten und letztlich die damit verbundenen Mehrkosten (in aktuell weiter unbestimmter Höhe) zu tragen hat?

Dezernent sieht offenbar keinen adäquaten Ausweg

Offenbar sieht Vermeulen keinen adäquaten Ausweg, so dass er jetzt eine Rückversicherung für seine ausstehende Entscheidung seitens der Politik sucht. Sollte er anordnen, dass einfach weitergebaut werden soll, müssten die Bauarbeiten ungemein Tempo aufnehmen, soll das Ziel noch erreicht werden, bei Abriss der alten Brücke in den Herbstferien die neue für den Verkehr freigeben zu können. Die Beschleunigung, das hat die Vergangenheit schon gezeigt, ließe sich die Baufirma teuer bezahlen. . .

Die andere Alternative: ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren, von der Fraktion des Bürgerlichen Aufbruchs schon seit Wochen gefordert. Aber: Das würde dauern. Und da absehbar dann wohl keine Brücke über den Bahngleisen mehr zur Verfügung stehen würde, falls nicht gleichzeitig weitergebaut werden könnte, wäre ein Verkehrskollaps rund um Styrum programmiert – samt Ausfall des Straßenbahnverkehrs.

Ausschuss verweigert die Rückendeckung

Weiterbauen oder Beweissicherung samt Baustopp? Der Planungsausschuss verweigerte Vermeulen am Dienstag die Rückendeckung und verwies die Angelegenheit mit den Stimmen von SPD, CDU und Bürgerlichem Aufbruch in die Ratssitzung Anfang Juli.

Claus Schindler (SPD) bemängelte, dass der Baudezernent erst vor vier Tagen die Beschlussvorlage an die Politik gegeben hatte, die „hochkomplexe Materie“ sei in der Kürze der Zeit nicht zu bewerten. Jochen Hartmann (BAMH) machte deutlich, dass es aus seiner Sicht keiner politischen Entscheidung bedarf. „Wir haben einen Baubeschluss gefasst, dem hat der Baudezernent nachzukommen. Wie er es macht, ist sein Ding“, so Hartmann. Und weiter: „Wir übernehmen dafür nicht die politische Verantwortung.“

Wer hat die Baumängel verursacht?

Das Baudezernat sieht eine Ursache für die Mängel darin, dass die aufgesetzten Stahlträger nicht der Planung entsprächen. Die Baufirma reklamiert Fehler bei Umplanungen.

„Damit können Ursachen entweder eine falsche Ausführungsplanung oder eine falsche Werk- und Montageplanung oder eine falsche Ausführung der Planvorlagen sein oder eine Kombination von allem“, heißt es im aktuellen Bericht des Baudezernates.