Mülheim. . Kammer sieht EU-Recht verletzt. Stadt und VRR gehen vor das Oberverwaltungsgericht. Politiker äußern Sorge um Arbeitsplätze. Langer Streit droht.

Wer fährt künftig mit Bussen und Bahnen auf den Strecken der Ruhrbahn durch Mülheim? Es ist keineswegs mehr sicher, dass es auf allen Linien auch in den kommenden Jahren die Ruhrbahn mit ihren Fahrer sein wird. Die Vergabekammer in Münster hat jetzt, nach Beschwerden von drei Busunternehmen, die Direktvergabe der Strecken an die Ruhrbahn abgelehnt und verweist sich auf europäisches Recht.

Der VRR geht nun vor das Oberverwaltungsgericht Düsseldorf, um die Linien auch künftig durch die Ruhrbahn bedienen zu können. Ab 2020 sollte die neue Direktvergabe gelten, und das für 22,5 Jahre. Jetzt könnte, so sieht es Verkehrsdezernent Peter Vermeulen, eine längere juristische Auseinandersetzung drohen. Dann wäre zunächst eine Notvergabe erforderlich, die die Fahrdienstleistungen durch den bisherigen Betreiber bis zur endgültigen juristischen Klärung absichert.

Folgen über die Ruhrbahn hinaus

Inzwischen gibt es aber auch Politiker und Nahverkehrsexperten, die fürchten, dass die Direktvergabe, bei der stets der VRR für die Städte das Verfahren durchführt, zum Kippen gebracht werden könnte. Das hätte Folgen über die Ruhrbahn hinaus. Der VRR wurde bisher bei der Vergabe immer eingeschaltet, weil es oft um städteübergreifende Strecken geht. Doch ist diese Vorgehensweise mit EU-Recht vereinbar? Dies soll nun geklärt werden,

In der Vergangenheit haben die Städte ihre Verkehrsunternehmen immer damit beauftragt, von früh bis spät die Bürger durch die Stadt zu fahren. Es ging um Zuverlässigkeit, feste Standards, aber eben auch um Arbeitsplätze. Drei Busunternehmen, zwei sollen aus den Niederlanden sein, sind nun gegen diesen Weg vorgegangen und fordern eine europaweite Ausschreibung. Sie sehen sich durch den Behördenverbund benachteiligt.

Vor allem Buslinien könnten gefährdet sein

Die Stadt informierte jetzt auch die Politik über die Ablehnung der Kammer und ließ lediglich eine Erklärung zum Erstaunen aller verlesen. Aus der Politik gab es daran deutliche Kritik. Daniel Mühlenfeld (SPD) hätte erwartet, dass in dem Fall die Juristen, die in der Frage die Stadt begleiten, im Ausschuss Rede und Antwort stehen. „Das ist hier kein Larifari-Thema“, warnte Mühlenfeld und wies darauf hin, dass es letztlich auch um viele Arbeitsplätze in der Stadt gehe. Das Risiko, dass Arbeitsplätze verloren gingen, bestehe durchaus, sagte er. „Aber ich bin weit davon entfernt zu glauben, dass alles schiefgehen wird.“

Ähnlich denkt Werner Oesterwind (CDU): „Die Vergabekammer Münster kritisiert ja nicht die Sache an sich, sondern den Weg mit Hilfe des VRR zur Direktvergabe.“ Dies, so hofft der CDU-Ratsherr, müsste sich noch reparieren lassen.

Tramvia sieht Risiko in Verkleinerung des Netzes

Sorgen äußert der Nahverkehrsexperte der Grünen, Axel Hercher: Er glaubt, dass Buslinien gefährdet sein könnten, sprich in andere Hände fallen, jene Strecken, die für Unternehmen attraktiv sind. Er nennt die Linien 124 und 133. Dass Externe versuchen könnten, Teile vom Straßenbahnnetz zu übernehmen, glaubt er nicht.

Die Mülheimer Bürgerinitiative Tramvia, die sich für den Erhalt der Straßenbahn und ihren sinnvollen Einsatz einsetzt, sieht denn auch ein Risiko darin, das Schienennetz in der Stadt weiter zu verkleinern: „Wer weiter an den Schienenästen sägt, vergrößert die Gefahr, dass eine Direktvergabe scheitert“, warnt Rainer Nelbach von Tramvia. Er spricht den Kahlenberg-Ast und Pläne an, den Oppspring eines Tages vom Schienennetz zu nehmen.

Vergabekammer bei Bezirksregierungen angesiedelt

Die rund 2500 Mitarbeiter der Ruhrbahn haben eine Beschäftigungsgarantie bis 2033 erhalten.

In NRW gibt es zwei Vergabekammer, die bei den Bezirksregierungen angesiedelt sind. Sie sollen unter anderem prüfen, ob öffentliche Auftraggeber bei Vergaben Unternehmen, die Interesse an einem Auftrag haben, in ihren Rechten verletzt haben.