Mülheim. . Der Mülheimer Fahrlehrer Ulrich Feldkamp (56) über Anfängerfehler und Seniorenkurse, Handys am Steuer und bleibende Freude am Beruf.

Früher kam man klar mit fünf Führerscheinklassen, heute sind diese vielfach verzweigt, und überhaupt hat sich das Portfolio der Fahrschulen deutlich vergrößert. Es gibt ASF-Kurse, FES-Seminare, Sicherheits- und Wiedereinsteigertrainings, Seminare 65plus... Ulrich Feldkamp (56), Fahrerlehrer seit 36 Jahren, bietet all dies an und berichtet über Konstanten und Veränderungen in seinem Beruf.

Wir haben Fahranfänger gefragt, wie teuer ihr Führerschein vermutlich wird. Manche kalkulieren mit rund 1600 Euro, andere mit 1000. Wer liegt näher an der Realität?

Ulrich Feldkamp: Mit 1500 bis 1800 Euro muss man schon rechnen. Die jungen Leute sind oft überrascht, was da an Nebenkosten zusammenkommt.

Eine Menge Geld. Wie finanzieren die Jugendlichen das?

Ulrich Feldkamp: Wie früher. Viele haben einen Sponsor, die Eltern oder Großeltern, bei manchen werden auch Sparverträge fällig.

Ist es immer noch angesagt, möglichst früh Auto zu fahren?

Ulrich Feldkamp: Ich habe den Eindruck, die Interessen haben sich verlagert. Der Führerschein ist vielen nicht mehr so wichtig wie vor 25 oder 30 Jahren. Jugendliche sind auch so mobil und oft mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Auch das Papa-Mama-Taxi spielt eine große Rolle.

Aber Eltern holen doch 18-Jährige nicht nachts um fünf aus der Disco oder von einer Party ab?

Ulrich Feldkamp: Manche schon.

Sind Fahranfänger tendenziell älter, wenn sie zur ersten Theoriestunde kommen?

Ulrich Feldkamp: Das hält sich die Waage. Natürlich sind einige 16-, 17-Jährige dabei, aber es kommen auch ganz viele, die schon weit über 20 sind.

Wie alt war ihr bislang ältester Fahrschüler?

Ulrich Feldkamp: 62. Der hat allerdings den Motorradführerschein gemacht.

Für Senioren jenseits der 65 bieten Sie spezielle Auffrischungskurse an. Nutzen viele dieses Angebot?

Ulrich Feldkamp: Freiwillig kommen ganz wenige, weil viele gar nicht wissen, dass es solche Kurse gibt. Wovon ich mehr habe, sind angeordnete Fahrproben von Seiten der Führerscheinbehörde. Ein ganz heißes Eisen.

Nennen Sie bitte mal ein Beispiel.

Ulrich Feldkamp: Ein Rentner fährt mit dem Auto zum Einkaufen und hat einen klassischen Parkplatzrempler, den er aber offenbar gar nicht bemerkt. In solchen Fällen kann eine Eignungsüberprüfung angeordnet werden, und das kam in den letzten Jahren häufiger vor.

Glauben Sie, ältere Autofahrer sind mittlerweile ein höheres Risiko im Straßenverkehr als junge?

Ulrich Feldkamp: Nein, die Gefahr durch junge Autofahrer ist viel, viel größer, und das wird auch vorerst so bleiben. Sie haben auch schlechte Vorbilder.

Wie meinen Sie das?

Ulrich Feldkamp: Wenn 18- oder 19-Jährige zum Beispiel sehen, wie ihre Eltern im Auto das Handy nutzen, ist das für viele nachahmenswert.

Sehen Sie Schwachpunkte, die man vielleicht auch gesetzlich strenger regeln müsste?

Ulrich Feldkamp: Wenn Fahranfänger auffällig werden, müsste man das anders ahnden. Die Aufbauseminare, die ja als Nachschulung gedacht sind, werden als reine Zwangsmaßnahme empfunden. Die Bereitschaft, aktiv mitzuarbeiten, geht gegen null. Die ASF-Seminare sind nicht effektiv. Besser wären längere Fahrverbote.

Haben Sie selber eigentlich noch Spaß am Autofahren?

Ulrich Feldkamp: Ja, weil es immer wieder Spaß macht, mit jungen Leuten zu fahren. Der Beruf hält auch jung.

Neue Fahrschulen drängen auf den Markt 

In Mülheim haben im vergangenen Jahr insgesamt 2122 Personen neu den Autoführerschein erhalten, darunter 657 Jugendliche ab 17, die zunächst nur begleitet fahren dürfen. Zum Vergleich: 2014 bekamen 2049 Fahranfänger den Schein, davon waren 672 erst 17 Jahre jung.

„Der Trend zum Führerscheinerwerb ist ungebrochen“, meint auch Reinhard Kleibrink, Leiter des Bürgeramtes. Was indes immer häufiger vorkommt, sind Eignungsüberprüfungen aus gesundheitlichen Gründe, die beispielsweise erforderlich werden, wenn ein älterer Mensch einen Schlaganfall erlitten hat. Sie bestehen aus einem ärztlichen Gutachten, dem bei Bedarf noch eine Fahrprobe folgt. 2015 wurden in Mülheim 71 Eignungsüberprüfungen für Autofahrer amtlich angeordnet, in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 waren es bereits 93.

Zur Zeit bieten im Stadtgebiet 19 Fahrschulen ihre Dienste an, einige betreiben mehrere Zweigstellen. „Immer mehr versuchen mit plakativen Preisangeboten neu auf den Markt zu kommen“, sagt Helmut Aretz, der selber seit 35 Jahren im Geschäft ist und den Fahrlehrerverband Nordrhein als Kreisobmann vertritt.

Auch er macht die Erfahrung, dass der Führerschein von Jugendlichen „nicht mehr so wichtig genommen wird wie in früheren Jahrzehnten, zumal sie auch mit der Schule schwer beschäftigt sind“. So kommt der Nachwuchs tendenziell später in die Fahrschule und lässt sich auch mehr Zeit.