Mülheim. . Nach massiver Kritik aus Bürgerschaft und Politik sollen die Anhörungen nun bis Ende des Jahres laufen. Betroffener kündigt Widerspruch an.

In Sachen Friedhofskonzept ist die Verunsicherung bei betroffenen Angehörigen weiterhin groß. Bereits 1300 Anrufer haben sich bei der städtischen Hotline mit Fragen dazu gemeldet, 100 Briefe sind bei der Verwaltung eingegangen.

Die Wogen glätten

Zum Hintergrund: Im April hatte die Stadt rund 4000 Angehörige in einem dreiseitigen Brief angeschrieben, die Gräber auf den Friedhöfen gepachtet haben, um sie über die neuen Regelungen zur Verkleinerung der Friedhöfe zu informieren. Diese sehen unter anderem vor, Grabstätten von Randflächen in den inneren Friedhofsbereich zu verlegen. Dabei können die sterblichen Überreste der Verstobenen an Ort und Stelle verbleiben oder nach Ablauf der jeweiligen Ruhezeit in eine neuen Grabstätten verlegt werden – auf Wunsch und eigene Kosten.

Großes Entsetzen hatte sich daraufhin breit gemacht, viele sprachen von Zwangsumbettungen, zu wenig Ausnahmeregelungen, zu schlechter Erreichbarkeit der Verwaltung, zu unsensiblen Formulierungen im Schreiben. Die Grünen und der Bürgerliche Aufbruch beantragten daraufhin Erklärungen der Verwaltung. Diese versucht nun die Wogen zu glätten. Dezernent Peter Vermeulen lud alle Fraktionen am vergangenen Dienstag zum Gespräch ins Rathaus ein. Im Anschluss veröffentlichte die Stadt nun eine Erklärung, in der sie die Zeitspanne der Rückmeldungen auf das Schreiben bis Ende des Jahres verlängerte, um Einzelgespräche mit Betroffenen zu führen. „Anschließend wird die Politik sich beraten und gegebenenfalls das Konzept ändern“, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels.

Die Politik bat die Stadt zudem, bei Betroffenen auf besondere Situationen und individuelle Nöte, vor allem bei Nachbestattungen auf Gräbern, in denen Kinder bestattet sind, auf die Wünsche der Eltern zu achten. „Wir versprechen, in allen Fällen besondere Sensibilität walten zu lassen“, so Wiebels. Zudem sollen anhand der Beratungsgespräche ermittelt werden, wie viele vergleichbare Härtefälle bestehen.

Bürokratisch formuliert

Auch Ivar Tkacik musste den Brief des Grünflächenamtes mehrfach lesen, um dessen bürokratisch formulierten Inhalt zu verstehen. Vor anderthalb Jahren wurde sein Vater neben der bereits 2004 verstorbenen Mutter im Familiengrab beigesetzt – im Randbereich des Hauptfriedhofs. In dem Schreiben erklärt die Stadt, dass die Möglichkeit bestehe, die Grabstätte abzubauen und im Kernbereich des Friedhofs wieder aufzubauen. Eine Umbettung sei jedoch erst nach der Ruhefrist möglich. De facto bliebe Ivar Tkacic also ein Rasenstück ohne Grabstein an jetziger Stelle. Den Stein ohne die Eltern zu versetzen, macht für ihn keinen Sinn – schließlich liegen sie ja dann noch an alter Stelle. „Prinzipiell kann ich das Konzept verstehen, es ist sinnvoll Flächen zu verkleinern“, sagt er. Ihm missfalle jedoch, dass die Kosten auf die Angehörigen abgewälzt werden sollen.

Zwar werde der Abbau und Wiederaufbau des Grabmales und der Bepflanzung von der Stadt übernommen, „die Kosten für Neubepflanzung und Umbettung der sterblichen Überreste sowie die Einrichtung der neuen Grabstätte müsste ich aber selbst bezahlen“. Tkacik hat bereits einen Widerspruch geschrieben.