Eigentümer und Wirtschaft haben ein Konzept für die Belebung der City vorgestellt. Die Mieten sollen steigen, die Läden kreativer werden
Kaufkräftigere Konsumenten und Einzelhändler mit schmalen Qualitätssortimenten: „Mülheim soll die Stadt der Individualität werden“, beschreibt Citymanagerin Gese Delija ihre Zukunftsvision von der Innenstadt. In dieser gibt es Boutiquen für Kinder- bis Herrenkleidung, vegetarische Metzger oder Bioläden mit Gastronomie-Konzept. Damit das nicht nur eine Utopie bleibt, hat Delija ein Konzept für die nachhaltige Innenstadtentwicklung vorgestellt – gemeinsam mit Vertretern der Werbegemeinschaft Innenstadt (WGI), des Eigentümervereins Haus & Grund und der Mülheim & Business Wirtschaftsförderung.
Bei wenig Umsatz auch keine Umsatzmiete
Das Konzept ist auf zehn Jahre angelegt – beginnend mit einer ein- bis zweijährigen Aktivierungsphase. Und in dieser sollen vor allem die Eigentümer animiert werden, mehr leerstehende Erdgeschosse an Einzelhändler mit kreativen Konzepten zu vermieten. „Wir sind mit allen relevanten Eigentümern kontinuierlich im Gespräch“, sagt Delija. „Sie sollten mehr Mut aufbringen, um über ein anderes Vermietungskonzept nachzudenken“.
Der Vorschlag zum Nachdenken: Eine Fixmiete, ergänzt durch eine Schwelle bei der branchenabhängigen Umsatzmiete. Letztere müsste erst dann vom Mieter gezahlt werden, wenn sein Umsatz bei über 250 000 Euro im Jahr liegt. Liegt der Umsatz darunter, muss lediglich die vorher festgelegte Fixmiete gezahlt werden. „Wer sich mit einem neuen Geschäftsmodell versuchen möchte, hat bei so einer geringen Grundmiete eine Chance ohne zu großes Risiko“, sagt Frank Prümer, MGI. Doch wenn der Umsatz gut sei, verdiene auch der Eigentümer ordentlich mit.
„Uns ist klar, dass wir damit von den Eigentümern einiges verlangen“, sagt Andreas Noje, in dessen Verband Haus & Grund etwa 25 Eigentümer aus der Innenstadt aktiv sind. Aber bei einer Leerstandsquote von über zehn Prozent „sollte man dieses neue Konzept mal ausprobieren.“
Mehr Vielfalt unter der Mietern
Klar ist aber auch: Ohne die entsprechende Käuferschaft können die Nischenläden nicht bestehen. Und hier soll eine weitere Säule des Konzepts greifen: Die Mieterschaft in der City soll sich wandeln, die Mieten steigen – wofür die vielen Wohnungen zunächst einmal modernisiert werden müssten.
„Der Immobilienbestand in der Innenstadt ist sehr in die Jahre gekommen“, sagt Citymanagerin Delija. „Und vor allem wurden die Renditen kaum in die Obergeschosswohnungen investiert.“ Dabei müsse man nicht das komplette Gebäude auf Neubauqualität bringen – wie geschehen bei Varia-Bau an der Wallstraße. Schon mit kleinen Modernisierungen – etwa im Badezimmer oder bei den Fliesenspiegeln – könne man zu einer Aufwertung gelangen, durch die ganz andere Mietergruppen angesprochen werden könnten, so Delija.
„Dann erreicht man die Mitte, die wir brauchen.“
Soll die Modernisierung also auf dem Rücken der unteren Einkommensschicht ausgetragen werden, die sich die höheren Mieten nicht mehr leisten kann? In der Innenstadt ist Armut ein besonders großes Problem – zwei von drei Kindern sind bedürftig.. „Vielfalt würde Vitalität ins Leben bringen“, sagt Delija. „Wir wollen ja nicht die soziale Entwicklung vom Ruhrquartier abbilden.“ Statt fünf Euro pro Quadratmeter sollen es mancherorts künftig sieben Euro Mietkosten sein – und nicht zehn Euro wie am Ruhrquartier. Frank Prümer: „Dann erreicht man die Mitte, die wir brauchen.“