Mülheim. . Das neue Quartier Schloßstraße ist gefragt, bevor der erste Stein liegt. Alloheim betreibt dort die Senioreneinrichtungen, Netto den Einzelhandel.
Investor Gerd Rainer Scholze von der Unternehmensgruppe AIP wundert sich nicht: Mit rund 90 Prozent sind die Flächen des neuen Stadtquartiers Schloßstraße, das an der Stelle des jetzigen Kaufhofgebäudes entsteht, innerhalb kurzer Zeit nahezu komplett vergeben. Der Projektentwickler aus Düsseldorf hält den Standort an der Ruhrpromenade für einen der besten überhaupt in der Umgebung. Ein Gebäudekomplex mit 46.500 Quadratmetern wird bis Ende 2018 entstehen, weitaus mehr als der einstige Kaufhof bot.
Auch wenn die Planung im Detail sich nahezu täglich noch ändert, können die drei Investoren – AIP, Fortress und der Mülheimer Wohnungsbau – hinter den meisten Flächen einen Haken machen – vergeben. Mit Holiday-Inn steht der Betreiber des Hotels fest, das Unternehmen Alloheim wird das Pflegeheim und das Betreute Wohnen übernehmen, Netto steigt als Betreiber in den Supermarkt ein, und die Kette Fit X will die Menschen in dem Fitnesscenter in Form bringen. Für 1000 Quadratmeter Gastronomie im Erdgeschoss konnten Verträge geschlossen werden, ebenso mit einer Apotheke. Kurz vor Vertragsabschluss ständen die Verhandlungen mit zwei Ärzten und mit einem Biomarkt, die sich ebenfalls im Quartier niederlassen wollen, erklärte Scholze bei der Veranstaltung „Talk im Schloss“, zu der die CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung eingeladen hatte.
Aufbruchstimmung
Etwa ein Drittel der gesamten Flächen trägt der Mülheimer Wohnungsbau (MWB) als Investor . Deren Baukörper schließt sich an der Schollenstraße an und reicht bis zur Passage, die künftig das Areal durchschneidet. Im Erdgeschoss wird auch der MWB-Bau über Gastronomieflächen verfügen, von 950 Quadratmetern ist die Rede. 4700 Quadratmeter stehen für Büroanmietungen zur Verfügung, 1900 Quadratmeter für gutes Wohnen. Zweifel an der zügigen Vermarktung hat MWB-Chef Frank Esser nicht, nennt allerdings noch keine Namen. Offen sei auch, ob der Wohnsektor mit Miet- oder Eigentumswohnungen oder als ein Mix aus beidem an den Markt geht.
Der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung, Hans-Joseph Krupp, spricht von einer „Aufbruchstimmung“ in der Mülheimer Innenstadt. Vor zwei Jahren wurde an gleicher Stelle das Thema „Ist die City noch zu retten?“ diskutiert. Von derartigem Pessimismus, so sieht es auch Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier, ist man heute in Mülheim ein ganzes Stück entfernt. Viele sind überzeugt, dass das neue Stadtquartier weitere Investoren animieren wird, in Mülheim zu investieren.
Kritische Fragen bleiben dennoch: Könnten die Investoren sich finanziell überheben? Scholze kontert: Die Hedgefonds als Kapitalgeber hätten ein hohes Sicherheitsbedürfnis, Prüfungen erfolgten von mehreren Seiten. Wenn das Stadtquartier fertig ist, soll es wieder verkauft werden. Kontakte zu Endinvestoren – Fondsgesellschaften – gebe es bereits. Eine Unsicherheit nennt jedoch Scholze: Viele investieren derzeit in Steine, der Baumarkt ist daher hoch beansprucht: „Auf 30 Anfragen gibt es vielleicht zwei Angebote.“
Investoren nehmen wieder Geld in die Hand
Nicht nur am einstigen Kaufhof-Standort tut sich etwas: Die ehemalige Bahntrasse wird als Rad- und Fußweg belebt, das Woolworth-Gebäude an der Schloßstarße ist verkauft, Varia-Bau investiert drei Millionen in das Geschäftshaus an der Wallstraße, große Investitionen sollen im Maredo-Gebäude an der Leineweberstraße anstehen, der Umbau des Rathausmarktes schreitet voran. Die Werbegemeinschaft Innenstadt nimmt die Entwicklung mit Freude zur Kenntnis. Die Kaufmannschaft hoffe auf weitere Investoren, sagt Bernd Hermes vom Vorstand.
„Wir spüren Rückenwind“, meint Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier und sagt, dass der jahrelange Leerstand des Kaufhofs eine psychologische Blockade für Investoren gewesen sei. Nun nähmen Investoren wieder Geld in die Hand und das an markanten Ecken. Schnitzmeier ist überzeugt, dass sich in den nächsten Jahren vieles in der Innenstadt verändert. Als gutes Beispiel für mutige Investitionen nennt er den Umbau des ehemaligen AEG-Geländes durch Mohamad Itani zum modernen Firmensitz.