Mülheim. . Stadtkämmerer Frank Mendack legt den Jahresabschluss für 2017 vor. Nicht nur der Einbruch bei den Gewerbesteuern bereitet ihm Sorgen.
Stadtkämmerer Frank Mendack kann weiter keine Besserung für das laufende Haushaltsjahr erkennen: Es klaffe weiter eine Gewerbesteuer-Lücke von rund 35 Millionen Euro. Dass der Haushalt von der Finanzaufsicht noch genehmigt werde, sei nicht in Sicht. Gleichzeitig präsentierte Mendack den Jahresabschluss für 2017 für die Kernverwaltung (ohne Stadttöchter): Erneut gab es ein Defizit von fast 50 Millionen Euro.
Die Überschuldung Mülheims eilt von Spitzenwert zu Spitzenwert: Mittlerweile sind weit mehr als eine halbe Milliarde Euro der Kassenkredite nicht mehr durch Eigenkapital gedeckt. In der Privatwirtschaft wäre bei einer negativen Eigenkapitalquote von knapp 23 Prozent längst eine Bankrotterklärung fällig gewesen.
Die Stadt hat es in den vergangenen Jahren aber zumindest geschafft, den Trend immer größer werdender Etatlücken zu stoppen. Im Jahr 2014 fehlten am Ende des Jahres noch 113 Millionen Euro, jetzt sind es knapp 50 Millionen.
25,5 Millionen Euro weniger flossen in die Stadtkasse
Auf der Einnahmenseite gab es schon im Vorjahr ein dickes Minus bei der Gewerbesteuer. Es flossen 25,5 Millionen Euro weniger in die Stadtkasse. Mit gut 93 Millionen Euro blieb die Gewerbesteuer nur knapp stärkste kommunale Steuer. Über den Einkommensteuer-Anteil verbuchte die Stadt dank der guten Konjunktur Einnahmen in Höhe von 87 Millionen Euro.
Die gute Konjunktur wird laut aktueller Steuerschätzung anhalten. Mendack weiß aber: Das Steuerplus hieraus wird das Gewerbesteuer-Minus nicht annähernd kompensieren können. Mendack kündigte an, dass er für seine weitere Haushaltsplanung die bislang äußerst optimistische Gewerbesteuer-Prognose nach unten korrigieren wird müssen. Insgesamt baut der Kämmerer bis dato mittelfristig auf die sehr vage Hoffnung, bei Steuern und Abgaben peu à peu, aber kräftig Einnahmen zu gewinnen. Nach einem Ergebnis von 260 Millionen Euro im Vorjahr sollen es laut Etatplanung schon in drei Jahren knapp 328 Millionen Euro sein. . .
Soziales bindet das meiste Geld
Auf der Ausgabenseite sind die Sozialtransfers wieder einmal negativ ausgebrochen, obwohl ohnehin schon mit einem Anteil von 31 Prozent am Haushaltsvolumen größter Ausgabenposten. Mehr Arbeitslosengeld II war zu zahlen, auch mehr für Eingliederungsleistungen für Arbeitssuchende. Fast eine Viertelmilliarde Euro muss die Stadt jährlich für Sozialtransfers aufwenden.
Als wenn der Finanzierungsnotstand nicht schon groß genug wäre, sieht Kämmerer Mendack zahlreiche neue Risiken für den städtischen Haushalt: Etwa führe die Wiedereinführung des G9-Abiturs zu mehr Raumbedarf. Die Sozialausgaben könnten weiter ansteigen, wenn sich etwa der Trend fortsetzt, dass die Jugendhilfe immer mehr Geld aufwenden muss im Bereich des Kinderschutzes, immer mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu versorgen sind und die Zahl der Menschen in Hartz-IV-Haushalten weiter wächst.
Sofort immense Probleme bei steigenden Zinsen
Ein „erhebliches Risiko“ sieht Mendack auch in einer zunehmenden Zahl abgelehnter Asylbewerber. Das Land zahle ihre Pauschale nur die ersten drei Monate nach der Ablehnung an die Kommunen weiter, danach bleibe die Stadt auf den Kosten des Asylbewerberleistungsgesetzes komplett sitzen. Auch für die Integration der Flüchtlinge seien auf mittlere Sicht Mehrausgaben einzuplanen, ob nun für Kita- oder Schulplätze oder für zusätzliches Personal, etwa Dolmetscher, Sozialpädagogen oder Psychologen.
Sollten die Zinsen steigen, bekommt die mit zwei Milliarden Euro verschuldete Stadt sofort immense Probleme. Unklar bleibt auch, wie sich das Bestreben von Innogy und Eon, Geschäftsfelder aufzuteilen, auf die Stadt auswirkt, die weiter viele Aktien hält. Nur hoffen kann die Stadt darauf, dass die gute Konjunktur anhält.