Mülheim. . Kunstmuseum Mülheim greift das Thema Kohle mit einem berauschenden Experiment auf: Kohle destilliert zum Duft. Eine fast magische Ausstellung

Es ist ein glasklarer Tropfen, der sich in Zeitlupe und hundertfach vergrößert den Weg durch eine Röhre in den Kolben bahnt. Die Essenz aus Bruchteilen pechschwarzer Kohle, bis zur Verdampfung erhitzt und als Destillat wiedergewonnen, ist ein Kunst-Stück im wörtlichen Sinne. Denn für die neue Ausstellung „Die Essenz der Kohle“ im Kunstmuseum hat Künstlerin Helga Griffiths diesen alchemistischen Schöpfungsprozess und sein Ergebnis eindrucksvoll inszeniert.

Intelligent, berauschend und fast magisch kristallisiert „Die Essenz der Kohle“ die Vergangenheit und mögliche Zukunft unserer Region. Geschickt arbeitet Griffiths dabei mit der Wahrnehmung, besonders mit der Nase. Am Anfang steht bereits symbolisch das aus Kohle gewonnene Destillat (also hoch erhitzte und verdichtete Kohle) – der Duft des schwarzen Goldes, präsentiert im diamantenen Flakon.

Der Besucher darf an diesem Stück Verheißung und an Duftstreifen schnuppern, um den Geist der Kohle zu atmen. Griffiths arbeitete zur Gewinnung dieser Essenz mit dem Mülheimer Max-Planck-Institut und dem Parfümeur Karl-Heinz Bork zusammen.

Das Kunstmuseum wirkte dabei nicht nur als Ausstellungsort, sondern bewusst als Ideenschmiede mit, brachte Wissenschaft mit der Kunst zusammen. „Es ist toll, was möglich ist, wenn starke Sponsoren hinter einem Projekt stehen“, freut sich Museums-Chefin Beate Reese, ihr Haus als kreative Produktionsstätte nutzen zu können. Denn ihre Ausstellung ist eine von 17 im Ruhrgebiet, die unter anderem vom Land, der RAG- und der Brost-Stiftung getragen wird.

Die Künstlerin Helga Griffiths arbeitet seit vielen Jahren mit Licht, Fotografie und besonders mit Gerüchen. So ließ sie eine Stadt von blinden Menschen allein durch Duft erfassen. Mit einer Kamera hielten diese auf die Orte, von denen sie die Gerüche wahrnahmen. Auch diese Installation aus Bild und Duft findet man im Erdgeschoss des Kunstmuseums. „Ein Duft ist wie eine Zeitreise. Er ruft Erinnerungen wach“, beschreibt Helga Griffith ihren Ansatz.

Ursprünglich wollte die Kunstmuseums-Chefin die Destillation dem Publikum sogar live präsentieren, doch der Prozess hätte Laborbedingungen erfordert – „im Museum lassen sich die leider nicht herstellen“, bedauert Reese. So entschloss man sich zu einem überdimensionalen Zeitlupenfilm sowie einer überwältigenden Soundkulisse, die den Weg vom Tropfen bis zum Farn als Ursprung der Kohleentstehung begleitet.

Nebenan nimmt eine raumgreifende Installation das Thema Kohle und Energie auf. Vom Boden aus schrauben sich Drähte und Leuchtstäbe in einer ausladenden, dynamischen Spirale zur Decke hoch wie ein Flöz unter Tage. „Es geht uns aber nicht um eine sentimentale Betrachtung von Kohle, sondern um die Frage der Zukunft des Reviers“, sagt Reese, so wird die schwarze Kohle zum glasklaren Tropfen oder Kunst-Diamanten transformiert.

>> EINFÜHRUNG IN DIE WELT DER DÜFTE

Die Ausstellung „Kunst und Kohle“ im Kunstmuseum, Synagogenplatz 1, eröffnet am Samstag, 5. Mai, um 18 Uhr.

Am Sonntag, 6. Mai, führt um 11 Uhr der Parfümeur Karl-Heinz Bork in die Welt der Düfte ein. Bork berichtet unter anderem über seine Kohlen-Komposition. Um Voranmeldung wird gebeten. Per E-Mail: elke.morain@muelheim-ruhr.de oder 455 41 38. Die Gebühr kostet 25 Euro.