Mülheim. . Vielen Zugewanderten ist das deutsche Bildungssystem zu kompliziert. Marokkanischer Kulturverein und Partner wollen über Strukturen aufklären.

In der Dezentrale an der Leineweberstraße rauchen die Köpfe. Was sind „gelingende Bildungsbiografien“, was verbirgt sich hinter dem Bildungs- und Teilhabepaket? Schon für manche Deutsche ist das inzwischen fünfgliedrige Schulsystem in NRW eine Herausforderung, erst recht gilt das für die meisten Geflüchteten und Neuzuwanderer. Und dennoch haben sich gut 50 Menschen zuletzt die Zeit genommen, um in die harte Materie „Bildung“ einzusteigen.

„How to Deutsche Schule“ heißt dieser Auftakt zu einer Reihe von Info-Veranstaltungen, die der Marokkanische Kultur- und Sportverein (MKSV) mit Bildungsakteuren in der Stadt auf die Beine gestellt hat. Der Sprachmix im Titel klingt bewusst modern und locker wie eine praktische Anleitung zum Selbermachen. Und das soll er auch: Es gilt, den schweren Stoff übersichtlich und in möglichst einfachen Happen zu vermitteln.

Wissen um Bildungssystem ist zentral für die Integration

Denn für Ahmed Gassa, den Vorsitzenden des MKSV, ist das Wissen um unser Bildungssystem zentral für den Integrationsprozess und bessere Bildungschancen: „Um an der Gesellschaft partizipieren zu können, brauchen sie Bildung. Für viele Zugewanderte ist aber eine Schulpflicht bereits keine Selbstverständlichkeit, denn in ihrer Heimat gibt es sie nicht. Deshalb wollen wir erst einmal aufklären über das Schulsystem.“

Die Mitglieder des MKSV haben selbst diesen Integrationsprozess durchlaufen. Seit vielen Jahren setzt sich der MKSV an der Aktienstraße 54 unter dem Dachverband marokkanischer Vereine aktiv ein für die Vermittlung ihrer Landeskultur, aber auch für die Integration. „Wir begleiten bei Behördengängen und bei Anträgen. Wir veranstalten Workshops und Podiumsdiskussionen zu Themen wie Gesundheit, Kultur, Bildung“, erläutert Fatima Zahra Gassa vom Verein.

„Jeder von uns stand einmal unwissend da“

Sie will den Besuchern zu Beginn der Veranstaltung die Ängste nehmen: „Jeder von uns stand einmal unwissend da, es ist nicht schön, sich so zu fühlen.“ Gassa übersetzt anschließend ins Arabische.

Mit im Boot der Veranstaltungsreihe sind die Stadt, das Jugendamt, Bildungsbüro, Kommunale Intergrationszentrum, die gemeinsame Bildungsinitiative „Ruhrfutur“ der Stiftung Mercator und des Landes Nordrhein-Westfalen. „Unser Ziel ist es, möglichst schnell Kinder in eine Schule zu vermitteln. Wir müssen für jedes Kind die richtige Schulform finden“, sagt Vural Fikret vom Kommunalen Integrationszentrum.

„Lehrer müssen von uns unterstützt werden“

Eine Hürde dabei ist die Sprache: „Viele Lehrer können Englisch, aber kein Arabisch. Sie müssen von uns unterstützt werden“, bietet Fikret Hilfe an, fordert aber auch mehr Fortbildungen für Lehrer, damit sie in der Lage sind, die Kinder von Geflüchteten und Zugewanderten besser zu unterstützen.

Doch an diesem Mittwoch stehen weniger die Probleme in der Verständigung zur Debatte, es geht erst einmal um das Kennenlernen der Institutionen und Ansprechpartner im Bereich Bildung.

Veranstalter hätten sich etwas stärkeren Besuch gewünscht

Etwas stärkeren Besuch hätten sich die Vereinsmitglieder für den Auftakt schon gewünscht, doch für viele Anwesende war die Veranstaltung ein Gewinn, wie Fatima Gassa aus dem Arabischen übersetzt: „So etwas hat gefehlt. Das deutsche Bildungssystem ist sehr kompliziert und mit den geringen Deutschkenntnissen, die viele von uns haben, ist es schwer zu durchschauen“, sagt eine Besucherin.

Für Ola Alaraksoussi war die Übersetzung wichtig und „beeindruckend. So einen Austausch hat es noch nicht gegeben.“ Auch Selua Alaraksoussi ist „froh, dass ich mir die Zeit genommen habe. Es gab heute einen super Überblick. Ich bin gespannt auf den Termin zu den Bildungsabschlüssen.“

>> DER MARROKANISCHE KULTURVEREIN

Gut 20 aktive Mitglieder hat der Marokkanische Kultur- und Sportverein. Gegründet hat er sich 1990.

Zu seinen Zielen zählen die Repräsentation der marokkanischen Landeskultur, die Förderung des Sports vor allem bei Kindern und Jugendlichen.

Zudem setzt sich der Verein für die Integration von Migranten und Neuzuwanderern durch Bildung ein.

So geben die Mitglieder etwa muttersprachlichen Unterricht und Nachhilfe in verschiedenen Fächern. Sie klären auf über Diabetes und ADHS.