Mülheim. . Besitzer der Flächen zwischen Velauer, Tinkrathstraße und Diepenbeck fühlen sich benachteiligt. In der Umgebung wird gebaut, sie dürfen nicht.
Sie haben lange geschwiegen, sich im Hintergrund gehalten, obwohl die Diskussion über die Fläche zwischen Velauer Straße, Tinkrathstraße und Diepenbeck als Baugebiet seit Jahrzehnten da ist und zurzeit wieder aufflammt. Jetzt aber melden sich Eigentümer zu Wort, denn sie fühlen sich ungerecht behandelt.
„Wir sind Bürger wie alle anderen auch und suchen Platz zum Bauen für unsere Familien“, sagt Anette Fink und betont: „Der Entschluss, die Fläche zum Baugebiet zu machen oder nicht, betrifft 40 bis 50 Personen – die Kinder und Enkel der Eigentümer eingerechnet.“ Mehr noch, die 57-Jährige, die selbst drei Töchter hat und schon Oma ist, sieht eine Ungleichbehandlung: „Es ist nicht nachzuvollziehen, warum auf anderen Flächen in unmittelbarer Umgebung – etwa am Priesters Hof oder im Rumbachtal – gebaut werden darf, bei uns aber nicht.“
Nur noch 60 statt 110 Wohneinheiten geplant
Und das, obwohl die Eigentümer eingewilligt haben, dass auf die Fläche – sollte sie denn bebaut werden – deutlich weniger Häuser kommen als ursprünglich geplant. Waren vor 20 Jahren noch 110 Einheiten vorgesehen, wird heute mit 60 Einheiten kalkuliert. Die Eigentümer finden, sie haben große Zugeständnisse gemacht, damit sich die Stadtverwaltung bewegt. „Wir lassen viel Fläche als öffentliches Grün entstehen“, hebt Anette Fink hervor.
Knackpunkt für die bauwilligen Eigentümer: Nur wenn die Fläche als Ganzes zu Wohnbauland wird, wird auch ihr jeweiliger Anteil zum Bauen freigegeben. „Keiner von uns bekommt individuelles Baurecht“, präzisiert Fink. Hans-Paul vom Bruch spricht für die Erbengemeinschaft Elstermeier: „Wir versuchen das schon seit Jahrzehnten. Obwohl unser 2800-Quadratmeter-Grundstück von der Diepenbeck her einen eigenen, 4,50 Meter breiten Zugang hat, wurde unser Antrag immer wieder abgelehnt. Unsere Kinder sind jetzt Mitte 30.“
Klage: Stadt habe auf Argumente nie reagiert
Betroffen ist auch das Ehepaar Kocks, das mit einer Erbengemeinschaft den größten Anteil der Fläche von rund 16 000 Quadratmetern besitzt. Dietmar Kocks: „Wir haben unsere Argumente an die Stadt geschrieben, aber nie Antwort bekommen.“ Wo angeführte Bedenken – etwa zur Entwässerung – ihren Ursprung haben, können sich die Eigentümer nicht erklären. Warum gerade sie, die „oben auf dem Berg“ wohnen, dafür verantwortlich sein sollen, dass es mit der Entwässerung nicht klappe, fragt sich Anwohner- und Eigentümerfamilie Kösters.
Dazu merkt Hermann Schulten-Baumer, der als Geschäftsführer der Projektentwicklung Schulten-Baumer GmbH bereits das Gebiet an Tilsiter Straße und Oppspring entwickelt hat und gleiches auch an der Tinkrathstraße tun würde, an: „An der Tilsiter Straße haben wir Zisternen einbauen lassen, die das Regenwasser der Dachflächen zunächst auffangen und dann nur sehr langsam zur Weiterleitung oder auch Versickerung wieder abgeben.“
Erkundungsbohrungen wegen Bergbauschäden
Auch mit Bergbauschäden hat Schulten-Baumer bereits Erfahrungen an dem anderen Baugebiet in Holthausen gesammelt, an der Tinkrathstraße bereits Erkundungsbohrungen durchführen lassen. Die Verfüllung würde Kosten im sechsstelligen Bereich verursachen, sagt Schulten-Baumer. „Die Beseitigung der Bergschäden geht in jedem Fall zu Lasten der Eigentümer. Das kann erst umgesetzt werden, wenn ein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliegt“, macht der Geschäftsführer der Projektentwicklungs-GmbH deutlich. Die Erkundungsbohrungen an der Tinkrathstraße waren durch die Gesellschaft Schulten-Baumers für andere Eigentümer mit vorfinanziert worden. „Das kann sich so für die spätere Verfüllung aber nicht wiederholen“, sagt Schulten-Baumer.
Die Nachfrage nach Bauland in dem Stadtteil sei enorm, sagt der Projektentwickler: Alleine aus dem Projekt an der Tilsiter Straße habe er viel Überhang, „manchmal kommen dazu drei Anrufe in einer Woche“. Und Norbert Kösters berichtet: „Vor Kurzem hat mich eine Familie aus dem Stuttgarter Raum angerufen und nach den Grundstücken zwischen Tinkrathstraße und Diepenbeck gefragt.“
Planungsausschuss diskutiert heute zu Bauplänen
Wie auch an der Tilsiter Straße ist die Schulten-Baumer GmbH bereit, „mit den übrigen Eigentümern die Kosten für die Planung zu finanzieren“, und habe das auch bereits der Stadt angeboten. Neben dem Gutachten zur Entwässerung seien solche für Verkehr, Lärm und Artenschutz einzuholen. Anette Fink betont: „Dadurch wird die Stadt von den Kosten entlastet.“ Zudem trügen sie als Eigentümer auch die Erschließungskosten, die nicht unerheblich seien.
Am heutigen Donnerstag steht das Thema Bebauungsplan Diepenbeck/Velauer Straße auf der Tagesordnung des Planungsausschusses.
SPD und CDU fordern heute einen Sachstandsbericht
Auch die Politik schaltet sich in die Diskussion ein. Für die heutige Sitzung des Planungsausschusses haben die Fraktionen von SPD und CDU einen Beschlussvorschlag eingereicht, wonach sie einen aktuellen Sachstandsbericht fordern. In der Vorlage heißt es: „Vor dem Hintergrund der bekannten Knappheit an Flächen für den Wohnungsbau in unserer Stadt sollten alle Möglichkeiten zur zügigen Umsetzung von Bauleitplanungen genutzt werden. Dazu gehören gegebenenfalls auch Vereinbarungen zur (Vor-)Finanzierung von Planungskosten durch die Planungsbegünstigten.“
Das Amt für Stadtplanung ist längst eingebunden. Dessen Leiter Felix Blasch erklärt: „Einer der Flächeneigentümer hat dem Amt angeboten, zur Beschleunigung des Verfahrens Planungskosten auf eigene Rechnung zu übernehmen. Eine schriftliche Vereinbarung ist hierzu noch nicht getroffen worden, wäre aber zu treffen.“
„Eigentümer müsste Kosten auf eigenes Risiko übernehmen“
Blasch betont in diesem Zusammenhang: „Darin wäre unter anderem auch klarzustellen, dass die Kostenübernahme keinen Anspruch auf eine bestimmte Planung beziehungsweise den Beschluss einer Satzung begründet.“ Eine spätere Gegenfinanzierung durch Aufrechnung mit Erschließungsbeiträgen sei nicht möglich. Blasch konkretisiert: „Der Eigentümer müsste die Kosten auf eigenes Risiko übernehmen.“ Komme es zu einer solchen Vereinbarung, könne das Planverfahren, genauer die Erstellung von Gutachten, bereits dieses Jahr weitergeführt werden.
„Ein Abschluss des Verfahrens noch in diesem Jahr ist jedoch weiterhin unrealistisch“, ordnet der Planungsamtsleiter ein.