Mülheim. . Felix Schmitt und einige Freunde steigen auch bei Minusgraden in die Ruhr. Die Mülheimer wollen sich mit systematischem Kältetraining abhärten.

Die Luft ist so frostig, dass der Atem dampft, doch zwei junge Männer stecken bis zu den nackten Schulterblättern in der Ruhr. Ein Herr mit Hund kommt vorbei und spricht den Jungs seinen Respekt aus. Nur wenige Menschen sind hier auf dem Flusspfad unterwegs, zum Spazierengehen ist es den meisten zu kalt.

Für Felix Schmitt darf es dagegen noch eine Ecke härter sein: Als vor einigen Wochen die Seitenarme der Ruhr zugefroren waren, stieg er ins Eisloch und postete das Foto auf Instagram. Der 21-jährige Mülheimer, den manche in der Stadt auch als Parkour-Trainer kennen, betreibt mit einigen Freunden systematisches Kältetraining und ist offenbar von der Sache überzeugt.

Mit kalten Duschen fing es an

Die Idee, bei Minustemperaturen baden zu gehen, stammt natürlich nicht von ihm. Sie ist uralt und wird vielerorts auf der Welt praktiziert. Die Methode, der Felix und seine Kollegen folgen, stammt von einem Niederländer namens Wim Hof, sie zielt auf Steigerung der Fitness, Stärkung des Immunsystems, Abhärtung. „Meine Oma hat immer gesagt: Geh nicht in die Kälte, sonst wirst du krank“, berichtet Felix, der eine Heilpraktiker-Schule besucht. Er glaubt inzwischen, dass es umgekehrt funktioniert.

Seit zwei Jahren beschäftigt sich Felix mit dem Kältetraining, theoretisch und praktisch. Mit kalten Duschen im heimischen Badezimmer fing es an. Mittlerweile seien sie etwa fünf Leute aus dem Kreis der Mülheimer Parkour Generation (MHPKG), die gerne in der Ruhr baden. Spontane Aktionen, ein- oder zweimal pro Woche, das ganze Jahr hindurch.

Tiefes Durchatmen. Schnaufen. „Puh!“

Zu diesen Jungs gehört Shane Gunia (23), ebenfalls Heilpraktiker, mit dem Berufsziel: Baumpfleger und Industriekletterer. Dabei pflegen die Sportler einen festen Ablauf, der mit Atem- und Konzentrationsübungen beginnt, barfuß im Yogasitz auf dem Bootssteg sitzend pumpen sie ihre Lungen voll und wieder leer. Viele Male. Danach legen sie, bis auf die Boxershorts, alle Kleidung ab und lassen sich langsam ins Wasser rutschen.

Tiefes Durchatmen. Schnaufen. „Puh!“ Nach Badespaß sieht das nicht gerade aus, doch die Jungs halten durch, dümpeln zwei, drei Minuten herum, steigen tropfend wieder auf die Planken. Weiß wirken jetzt ihre Gesichter und die Schultern, ins Pinke färbt sich der restliche Körper. „Am schlimmsten“, sagt Felix, „spürt man die Kälte an den Füßen und Fingern.“

Doch das Kältetraining sei tatsächlich wirksam, meinen die Mülheimer Parkour-Sportler, sie hätten seitdem weniger Muskelkater, keine Erkältungen mehr. Darüber hinaus betrachten die Freunde diese Methode auch als eine Art Meditation. „Man versucht, an seine körperlichen Grenzen zu gehen“, meint Felix, „und es hilft, Stress abzubauen. Wenn du ins Wasser steigst, blendest du alles andere aus.“ Das wird so sein. Die Ruhr hat momentan ungefähr zwei Grad.

>>> „EISMANN“ WIM HOF UND SEINE METHODE

Die Mülheimer Jungs trainieren nach der Iceman-Methode von Wim Hof.

  • Der fast 59-jährige Niederländer hat etliche Rekorde im Ertragen extremer Kälte aufgestellt und hierzu eine spezielle Atem- und Konzentrationstechnik entwickelt. Er vermarktet sie etwa in Form von Büchern, Workshops und Web-Videos.