Mülheim. . Manche Anwohner meinen, dass zu viel gefällt wird. Aktuelle Klagen kommen aus Speldorf. Stadt sieht grünen Markenkern von Mülheim nicht bedroht.

Mit der Vogelbrutzeit beginnt auch eine Schonzeit für Bäume. Doch etliche Bürger haben das Gefühl, dass kurz vor dem 1. März noch reichlich gefällt worden ist. Mehr als üblich! „Ich habe den Eindruck, dass guter Wille und Verständnis für die Natur in Mülheim nicht existieren“, meint etwa Teresa Kwasniewska und schickt Fotos vom Raffelbergpark. „Jeder schneidet so schnell wie möglich alles, was Zweige und etwas Grünes hat“, beklagt sie und sorgt sich um die Gänsefamilie, die auf der kleinen Insel im Raffelbergpark immer brütete. Alles kahl geschnitten.

Andere empören die Fällungen an der Friedhofstraße in Speldorf. Kritische Stimmen dazu kommen auch von den Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI): „Pünktlich vor dem 1. März wurde hinter dem Bahnübergang der vollständige Kahlschlag durchgeführt. Sieht schrecklich aus.“ Dort sollen Wohnungen und ein neuer Geh- und Radweg entstehen. Die MBI sprechen angesichts des Baubooms von einem hohen Druck auf „fast alle verbliebenen Grün- und Freiflächen der Stadt“. Die Stadtluft werde durch das massenhafte Verschwinden von Bäumen und Grünflächen nicht frischer. „Die innerstädtische Tierwelt oder die fußläufige Naherholung wird auch nicht gerade verbessert durch die momentane Bauwut“, beklagt Lothar Reinhard, Fraktionschef der MBI.

Baumschutzsatzung hat sich etabliert

Wird in Mülheim mehr gefällt als in der Vergangenheit? Wolfgang Persy vom Umweltamt der Stadt gehört der kleinen Verwaltungseinheit an, die über die Baumschutzsatzung wacht, die 1978 aufgestellt worden ist. Er hat einen guten Überblick und sagt: „Die Baumschutzsatzung hat sich etabliert.“ Im Zusammenspiel von Bürgerschaft und Stadtverwaltung sei es recht einvernehmlich gelungen, den grünen Markenkern von Mülheim zu erhalten. Die positive Einstellung der Stadtbevölkerung zu Bäumen habe auch im Innenbereich zu einer optischen Stabilisierung geführt. Heißt: Mülheim bleibt eine grüne Stadt, sei sogar durch die hohe Altbaumsubstanz und deren größere Leistungsfähigkeit noch grüner geworden.

Den Eindruck, dass in den vergangenen Wochen mehr gefällt worden sei, kann Persy erklären. „Zahlreiche Bäume sind im Nachgang zu dem Sturm Friederike noch gefällt worden, weil sie etwa Risse oder Abbrüche hatten oder schief standen.“ Ein Anstieg bei Fällungen nach so einem Ereignis sei normal. Manche Menschen hätten nach so einem Ereignis auch Angst, dass der Baum beim nächsten Sturmtief fallen könnte.

Baurecht geht vor Baumrecht

Jedoch sagt auch Persy, dass dem Bauboom in den vergangenen ein bis zwei Jahren Bäume zum Opfer gefallen seien. Es gilt leider oder zum Glück je nach Standpunkt: „Baurecht geht vor Baumrecht“. Allerdings werde nicht nur jeder Baum, der zur Fällung beantragt sei, vorher noch einmal geprüft, sondern es gebe auch Ersatzpflanzungen. Geschätzt sind es 300 bis 400 Bäume im Jahr, die in Mülheim neu gepflanzt werden, wenn auch nicht immer an gleicher Stelle, wo der alte Baum stand.