Mülheim. . Stadt zahlt die Betriebskosten. Vertrag läuft befristet bis 2028. Erneut führen Kurtludwig Lindgens und Werner Bungert den Förderverein an.

In der ehemaligen Lederfabrik Abel an der Düsseldorfer Straße wird Stadtgeschichte geschrieben. Nach allen Querelen ist das Ledermuseum vorerst gerettet – durch eine Bürgschaft der Stadt, wie Oberbürgermeister Ulrich Scholten jetzt erläutert. Allerdings sei dieser sogenannte „Gewährvertrag“, also die Garantieübernahme der Betriebskosten, bis 2028 befristet. „Die monatliche Finanzierung des Museums ist damit gesichert“, so Scholten. Dazu sei die Stadt rechtlich verpflichtet, die seinerzeit eine Ausfallbürgschaft beschlossen habe, im Falle einer Zahlungsunfähigkeit einzuspringen.

Auf Messers Schneide stand das Ledermuseum im vergangenen Jahr, weil die dazu gegründete Stiftung wegen der niedrigen Zinsen seit längerem kaum noch Erträge abwarf. Wenngleich die Stadt nun die notwendige Basis für den Weiterbetrieb des kleinen, aber feinen Museums schafft, sei man momentan mit dem Förderverein im Gespräch, „an Stellschrauben zu drehen, um die Kosten zu senken“, erläutert Scholten. Auf 60 000 bis 70 000 Euro belaufen sich die Betriebskosten jährlich.

Austausch des Vorstandes für den Neustart

Der Eingang des Mülheimer Ledermuseums an der Düsseldorfer Straße.
Der Eingang des Mülheimer Ledermuseums an der Düsseldorfer Straße.

Mit dem Austausch des Vorstandes wagt der Förderverein den Neustart. Nach etlichem Hickhack im Vorfeld ist bei der Mitgliederversammlung im Juli vergangenen Jahres mit den Lederunternehmern Kurtludwig Lindgens als Vorsitzender und Werner Bungert als Stellvertreter die seinerzeit erste Führungsriege wieder angetreten. Deren Wahl erfolgte einstimmig – bei zwei Enthaltungen. Nachdem der alte Vorstand hingeworfen hatte, „da war der Verein führungslos“, so Lindgens. „Wir waren schnell entschlossen, zu übernehmen, denn es ist schade, wenn dieses Juwel der Industrie-Geschichte untergegangen wäre. Denn wir wussten, wovon wir reden.“

Lindgens und Bungert waren neben der verstorbenen Oberbürgermeisterin Eleonore Güllenstern die Hauptinitiatoren, die das Ledermuseum anstießen, das 2003 eröffnete. Später machte sich Kritik an den beiden wegen ihres Führungsstils und der Geldanlage in Aktien breit. Lindgens zog sich 2012 zurück, und Bungert schied aus nach Verärgerung bis hin zur Beschwerde bei der Stiftungsaufsicht in Düsseldorf und der Rückgabe der städtischen Ehrenspange 2014.

Immer wieder kam es im Verein zu Differenzen

Immer wieder kam es in der Vergangenheit im Verein zu Differenzen: Einen erneuten Eklat gab es bei der Mitglieder-Versammlung im Juli, als der damalige Vereinsvorsitzende Thomas Bee und Stellvertreterin Margarete Wietelmann zu Anfang der Sitzung gleichzeitig zurücktraten. „Denn ich habe keine Möglichkeiten mehr gesehen, die Rettungspläne für das Museum durchzuziehen“, sagt Margarete Wietelmann.

Die Lösung des Problems sah OB Scholten darin, das Ledermuseum der Mülheimer Stadtmarketinggesellschaft MST anzugliedern, was er im Kulturausschuss verkündet hatte. Das stieß beim Förderverein auf Unmut, weil befürchtet wurde, von der MST vereinnahmt zu werden. Schließlich stammen die meisten Exponate aus dem Privat-Besitz unserer Mitglieder“, argumentiert Lindgens. Zahlreiche Gespräche zwischen der Stadttochter MST und dem alten Vorstand verliefen im Sande. Diese Lösung scheint nun ganz vom Tisch zu sein. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt“, so Scholten, „sehe ich keine Kooperation zwischen der MST und dem Museum.“ Dennoch: Das Thema bleibt auf der Tagesordnung der Mitgliederversammlung am 16. Februar.

Ledermuseum nun unter neuer Leitung 

Lange hatte man in der Politik über eine Verschmelzung des Museums mit der MST diskutiert. Diese Debatte habe viel Energie gekostet, sei kontraproduktiv gewesen, meint Kurtludwig Lindgens: „Die Besucherzahl nahm im letzten Jahr stark ab und auch die Anzahl der Veranstaltungen wurde um die Hälfte reduziert.“ Jetzt gelte es, aufzuholen und durch Werbung die Zahlen wieder anzuheben. „Das wollen wir mit einem neuen engagierten Team erreichen“, betont Lindgens, „denn da hängt viel Herzblut dran.“

Auf die langjährige Museumsleiterin Melanie Rimpel, die sich mehr ihrer Familie widmen will, ist Ina Pfeng-Bungert als Geschäftsführerin gefolgt. Für Anni Hoge, die Frau am Empfang, die in den Ruhestand gegangen ist, wechselt sich Regina Prohl mit weiteren Mitarbeitern ab.

Das Foyer wurde neu gestaltet

Geschmackvoll gestaltet: Das neue Foyer.
Geschmackvoll gestaltet: Das neue Foyer.

Durch Ehrenamtliche, die vormittags im Einsatz sind, „können wir jetzt flexibler agieren, mehr Kindergärten und Schulklassen einladen“, sagt Prohl. Nach einem Wasserschaden und der zweimonatigen Schließung des Museums wurde das Foyer neu gemacht. „Die Gesamtkosten dafür stehen noch nicht fest“, so Lindgens. Es gibt auch einen Renovierungsstau in der Ausstellung. Neu ist der Shop mit Schmuck, Taschen und allerlei Dingen aus Leder, die vom Team handgefertigt werden. Mit einem Tag der offenen Tür samt Basteln für jedermann, Kaffee und Kuchen am Sonntag,18. Februar, 14 -18 Uhr, will sich das Ledermuseum von seiner besten Seite zeigen.

„Wir erheben nicht den Anspruch, das hochwertige kunsthistorische Museum zu sein“, sagt Kurtludwig Lindgens. Aber wir wollten damals in 2003 eine Stätte schaffen, an der die vielen privaten Exponate zusammengetragen werden können, um der Nachwelt einen Baustein der Industrialisierung des Ruhrgebietes näher zu bringen.“

Unikat in ganz Deutschland

- 1924 gab es noch über 50 Leder- und Gerberbetriebe in Mülheim, die Stadt kann auf eine über 350 Jahre alte Tradition der Lederherstellung verweisen. Das Gerberhandwerk und die spätere industrielle Fertigung von Leder waren ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.

- In privater Trägerschaft eines Fördervereins und mit Unterstützung Mülheimer Firmen, des Landschaftsverbandes Rheinland und der NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege konnte das Leder- und Gerbermuseum 2003 an der Düsseldorfer Straße 269 umgesetzt werden. Es ist in seiner Art ein Unikat in ganz Deutschland. Info: 30 210 70, leder-und-gerbermuseum.de