Mülheim. . Andrea Gehl vom Verein „Hilfe für Frauen“ fordert, dass die finanzielle Unterstützung der Frauenhäuser auf sichere Beine gestellt wird.

An den Feiertagen nimmt häusliche Gewalt und der Wunsch der Frauen nach einer Beratung mit dem Umgang dieser Notlage zu. Stress und Streit in der Familie lassen auch die Belegungszahl im Mülheimer Frauenhaus zu Weihnachten ansteigen. „Um das Fest herum wird es immer voller“, sagt Andrea Gehl, Vorsitzende des Vereins „Hilfe für Frauen“.

Es sind Misshandlungen durch den Partner, oft durch den Ehemann, die die Frauen erleiden mussten. Seit 23 Jahren bietet das Frauenhaus in Mülheim Hilfe an: Es ist eine psychologische Hilfe, eine soziale, eine bürokratische. „Der Verein Hilfe für Frauen hat sich bereits 1988 gegründet und sechs Jahre für ein Mülheimer Frauenhaus gekämpft, bevor es dann entstand“, erläutert Gisela Franceschini, die ehrenamtlich im Verein aktiv ist.

Kostensteigerungen vergrößern Lücke

Vier hauptamtliche Mitarbeiterinnen kümmern sich im Frauenhaus um die Hilfesuchenden – zwei Sozialarbeiterinnen, eine Erzieherin und eine hauswirtschaftliche Kraft. 125 000 Euro gibt das Land im Jahr für dieses Personal. Dabei reicht das Geld lediglich, um 72 Prozent der Personalkosten zu decken. Jede Tariferhöhung, jede Kostensteigerung vergrößert die Lücke. Hinzu kommen 50 000 Euro von der Stadt, die dem Frauenhaus durch die Erhöhung der Vergnügungssteuer zugute kommt.

Nora Thurow, Andrea Gehl, Vorsitzende des Vereins „Hilfe für Frauen“ und Gisela Franceschini helfen Frauen in Not.
Nora Thurow, Andrea Gehl, Vorsitzende des Vereins „Hilfe für Frauen“ und Gisela Franceschini helfen Frauen in Not. © Michael Dahlke

10,50 Euro kostet der Tagessatz pro Person an Miete. Längst nicht jede Frau kann diesen zahlen und nicht jede bekommt Unterstützung über das Sozialamt. „Dann wird es schwierig. Sie müssten einen 450-Euro-Job annehmen. Aber in so einer schwierigen Situation kann man ja eigentlich nicht verlangen, dass die Frauen einen Job finden“, meint Gehl, die ehrenamtlich tätig ist. Auch Studierende seien schwierig aufzunehmen. „Um die Finanzierung gewährleisten zu können, müssten sie ihr Studium unterbrechen, damit sie Sozialhilfe bekommen.“ Die Vorsitzende wünscht sich, dass alle von Gewalt bedrohten Frauen eine Chance auf Schutz bekommen – und das unabhängig von der finanziellen Situation.

Aktuell keine freien Plätze im Haus

Im Jahr 2016 nahm das Frauenhaus 64 Frauen und 75 Kinder auf, in diesem Jahr seien es zwischen 60 und 80 Frauen. Aktuell sind in Mülheim keine freien Plätze verfügbar. Eine Übersichtskarte mit Ampelsystem zeigt online, dass der Großteil der Häuser in NRW belegt sind.

„Manche Frauen bleiben einige Wochen, manche Monate in dem Mehrfamilienhaus“, sagt Gehl. Viele Frauen, die einmal im Frauenhaus waren und danach wieder zurück zum Partner gehen, kehrten irgendwann wieder ins Frauenhaus zurück. 25 Betten stehen dort zur Verfügung, davon acht für Frauen, 14 für Kinder und drei Notplätze. Im Schnitt sind die Hilfesuchenden zwischen 25 und 45 Jahre alt. In die Beratung kämen jedoch auch immer mehr Frauen über 60 Jahren.

„Frauenhäuser in NRW sind nicht anständig finanziert“

Der Verein hilft den Frauen bei der Vermittlung eines Platzes. Die Frauen müssten jedoch selbst im Frauenhaus anrufen. „Wir raten ihnen auch nicht, sich vom Partner zu trennen. Die Frauen sind selbstbestimmt, wir nehmen ihnen die Entscheidungen nicht ab“, sagt Nora Thurow, die ehrenamtlich Frauen in Not berät.

Vor zwei Jahren befand sich das Frauenhaus in einer schwierigen finanziellen Lage. Mehr Frauen suchten in der Einrichtung Schutz, zugleich gingen die Spenden zurück. Durch Medienberichte und die darauf folgenden, zahlreichen Spenden konnte das Frauenhaus gerettet werden. Dennoch bleibe grundsätzlich die Sorge: „Die Frauenhäuser in NRW sind generell nicht anständig finanziert“, so Gehl. „Von wem das Geld kommt, ist mir letztendlich egal. Meiner Meinung nach müssen der Bund oder das Land NRW verpflichtet sein, die Frauenhäuser zu finanzieren.“

>> ANLAUFPUNKTE FÜR SCHUTZSUCHENDE

Das Frauennetz gegen Gewalt informiert Hilfesuchende und Beratungsstellen über freie Plätze in den Frauenhäusern. Eine Übersicht über freie Plätze gibt es unter www.frauen-info-netz.de.

Der Verein betreibt am Hans-Böckler-Platz 9 einen Secondhand-Laden, der das Frauenhaus mitfinanziert. Hierfür werden ehrenamtliche Helfer gesucht.

Beratungsstelle und Verein sind auf Spenden angewiesen. Opfer häuslicher Gewalt und Personen, die misshandelte Frauen kennen, können sich beim Verein „Hilfe für Frauen“ unter 305 68 23 beraten lassen.