Mülheim. Der Weiße Ring betreute im vergangenen Jahr 83 Opfer von Straftaten. Emotionale Versorgung und Begleitung zu Gerichtsterminen sind wichtige Aufgaben
Die Ehrenamtlichen des Weißen Rings in Mülheim haben im vergangenen Jahr 83 Opfer von Straftaten sowie deren Angehörige betreut. Die Delikte reichten dabei vom Diebstahl bis zum versuchten Mord.
Vier Ehrenamtliche und Außenstellenleiterin Jutta Michele sind in Mülheim für die da, die unter Gewalt, Diebstahl und anderen Delikten gelitten haben oder leiden. „Ein ganz großer Teil der Betreuung besteht aus Zuhören. Das hilft manchmal ungemein“, sagt Michele, die betont, dass während des gesamten Betreuungsprozesses die Entscheidungsgewalt immer beim Opfer selber bleibe. Neben dem offenen Ohr gehören auch gemeinsame Gänge zu Behörden, Anwälten oder die Begleitung zu Prozessen zum Aufgabengebiet der ehrenamtlichen Helfer. „Der Kontakt ist sehr eng. Wenn es etwas Akutes gibt, existiert bei unseren Ehrenamtlichen kein Wochenende oder Feierabend“, erklärt Michele.
Gewalt in den eigenen vier Wänden
Trauriger Fakt bleibt, dass die Bewältigung der Folgen von häuslicher Gewalt immer noch einen großen Teil der Arbeit des Weißen Rings ausmacht. In 2015 meldeten sich 14 Opfer bei der Institution. Auch die Zahl der Sexualdelikte bleibt hoch: Sieben Fälle sexuellen Missbrauchs sowie jeweils fünf Fälle von sexueller Nötigung und Vergewaltigung stehen dort in den Büchern. „Manchmal stammen die Delikte noch aus dem Jahr 2014. Durch Flashbacks war dann aber auch in diesem Jahr noch einmal eine Betreuung notwendig“, ordnet die Leiterin der Außenstelle ein.
Vierzehnmal wendeten sich die Opfer von Gewaltdelikten an den Weißen Ring. Darunter war auch ein Mordversuch. Immer häufiger melden sich außerdem Personen, denen nachgestellt wird. Kurios: Die engagierten Helfer hatten es zweimal mit Opfern von Betrug zu tun – beide Male handelte es sich um Heiratsschwindel. „Die Folgen waren wirklich sehr heftig“, erinnert sich Michele, die seit zwölf Jahren beim Weißen Ring tätig ist.
Monetäre Unterstützung für Vergewaltigungsopfer
Genauso wichtig wie die emotionale Begleitung ist in vielen Fällen finanzielle Hilfe. 3450 Euro wurden in vergangenem Jahr an monetären Unterstützungen ausgezahlt. Jutta Michele nennt ein Beispiel: „Ein Vergewaltigungsopfer hat es nicht ausgehalten, in dem Bett zu schlafen, in dem die Tat geschehen ist. Wir haben dafür gesorgt, dass ein neues angeschafft wurde.“ Zudem ermöglicht die Kriminalitätsopferhilfe mit Beratungsschecks die Konsultation eines Anwalts. 22 Beratungsschecks über jeweils 150 Euro wurden im vergangenen Jahr ausgestellt. „Über diesen Betrag können wir verfügen, ohne Rücksprache zu halten“, so die Soziologin.
Der Weiße Ring existiert in Deutschland nunmehr seit 40 Jahren und finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. „Zuschüsse aus öffentlicher Hand haben wir immer abgelehnt, um unabhängig zu bleiben“, sagt Michele. Die Institution saß unter anderem mit im Boot, als das neue Stalking-Gesetz auf den Weg gebracht wurde.