Mülheim. . Mit dem aktuellen ÖPNV-Angebot sind viele Fahrgäste unzufrieden, aus verschiedenen Gründen. Eine Analyse zeigt Problemfelder auf.

Viele Ratsmitglieder sagen: „Der Öffentliche Personen-Nahverkehr (ÖPNV) in Mülheim ist zu teuer.“ Bahnen und Busse gehören jedoch zur Daseinsvorsorge einer Stadt. Verlustfrei fahren sie kaum. Wie das aktuelle Jahres-Minus (35 Millionen Euro) kleiner werden kann, darauf haben sich politische Lager und Stadtverwaltung bisher wenig geeinigt. Kurzsichtige Aktionen und das Beharren auf Partei-Positionen blockieren zukunftsorientierte Strategien. Das angestrebte Kappen der Straßenbahnlinie 104 ist dafür wieder ein Beispiel. Die gesetzliche Betriebspflicht mit Bahnen besteht bis 2027. Was den Umgang mit Steuergeldern betrifft, scheinen rechtliche Verbindlichkeiten ausgeblendet.

Verspätungen trotz Nachbesserung

Trotz mehrerer, teurer Gutachten bleiben daraus entwickelte Nahverkehrspläne Stückwerk, sagt der Nahverkehrsverband Pro Bahn. Gegen das Umlegen von Buslinien (Mintard, Rumbachtal) sowie der 15- statt Zehn-Minuten-Takt auf allen Straßenbahnlinien haben Bürger protestiert. Verspätungen und unzuverlässige Anschlüsse sind die Folge – teilweise bis heute nicht behoben. Mit Einsatzbussen und morgens wieder alle zehn Minuten auf der Linie 102 musste der Verkehrsbetrieb nachbessern.

Nun ist angedacht, statt der Straßenbahnlinie 104 bedient den Kahlenberg der 151er Bus. Er verlöre keine wertvollen Minuten mehr auf der Dohne, weil er zwischen parkenden Autos dort kaum vorankommt. „Die Entscheidung, ob Bahnen oder Busse Fahrgäste befördern, liegt in der Zuständigkeit der Stadt, nicht bei unserer Geschäftsführung“, erklärt Ruhrbahnsprecherin Sylvia Neumann.

Gutachter hält dauerhafte Einsparung für möglich

Laut Ruhrbahn hält der Gutachter die dauerhafte Einsparung von 800 000 Euro beim Kappen des Kahlenberg-Astes für möglich, obwohl das Land dann sofort 16 Millionen Euro an Fördergeldern zurückverlangt. Wo die Stadt Geld herholt, sagt der Gutachter nicht.

Er behauptet: „Selbst in diesem Fall würde sich die zeitnahe Einstellung des Kahlenberg-Astes in wenigen Jahren amortisieren. Dadurch würden erhebliche Instandhaltungskosten für die überalterte Streckeninfrastruktur auf dieser Strecke sowie Instandhaltungskosten für zwei Bahnen entfallen.“ „Zwischen Wertgasse und Essen behält die Städte verbindende Straßenbahnlinie 104 im Verkehrsnetz der Ruhrbahn eine äußerst wichtige Bedeutung, die weiter anwachsen könnte“, sagt Sylvia Neumann.

Schlechter Streckenzustand und fehlende Mittel für Reparatur

Mehr Anlieger könnten auch die Straßenbahn an der Zeppelinstraße in Zukunft nutzen, hätte Mülheims Verkehrsgesellschaft (heute Ruhrbahn) die Gleise zum Flughafen nicht am 1. April 2012 stillgelegt. „Schlechter Streckenzustand und fehlende 600 000 Euro für die Reparatur“, lautete die Begründung. Die Düsseldorfer Regierungspräsidentin hat diese Stilllegung bis heute nicht genehmigt.

Für neue Gewerbebetriebe am Flughafen und Siedlungen (Fläche des FosterBaus) an der Zeppelinstraße böte eine Bahn mehr Transportkapazitäten als ein Bus. Vielleicht befasst sich die Arbeitsgruppe ÖPNV, damit. Sie soll das Kappen des Kahlenberg-Astes „unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten prüfen“, wie Frank Mendack betont. Parallelbusse zur Straßenbahn währen dagegen ohne Fördergeldrückzahlungen zu kappen.

Falsche Festlegungen

Dazu gehört aus Sicht des Kämmerers auch, „zu prüfen, ob die mögliche Rückzahlung von Fördergeldern durch strukturelle Einsparungen langfristig darstellbar ist. Jeder Unternehmer orientiert sich bei Entscheidungen nicht an falschen Festlegungen vergangener Jahrzehnte, sondern an langfristige finanzielle Auswirkungen für die Zukunft“, reagiert Mendack auf einen Bericht dieser Zeitung.

Seinen theoretischen Überlegungen setzt die Regierungspräsidentin jedoch praktische Grenzen. Sie muss die Zuschüsse laut Landeshaushaltsrecht zurückfordern Ein anderer Weg sei nicht verhandelbar. Eine Lex Mülheim würde auch andere Städte veranlassen, Fördergelder für ungenutzte Infrastrukturen zu behalten.

>> STÄRKUNGSPAKT UND STEUERGELD

Die Stadt muss mit dem Stärkungspakt in drei Jahren ihren Haushalt ausgleichen. 16 Millionen Euro Rückzahlung reißen ein neues Loch in die Kasse.

Wer die Oppspring-Kreuzung mit neuen Gleisen baut, obwohl er den Kahlenberg-Ast nicht mehr will, der muss gut begründen, warum das keine Steuergeldverschwendung ist.