Mülheim. . Robert Schlögl und Klaus Urbons wurden geehrt. In der Feierstunde gab es Denkanstöße – und die Bitte, ein Kleinod der Kunstszene zu bewahren.

Mit dem Appell, zuversichtlich in Richtung Zukunft zu schauen und das Thema Klimawandel und Energiewende nicht nur als Schreckensszenario anzusehen, schloss Prof. Dr. Robert Schlögl am Sonntag seine kurze Dankesrede nach Erhalt des Ruhrpreises 2017. Der Direktor des hiesigen Max-Planck-Institutes (MPI) für Chemische Energiekonversion wurde gemeinsam mit dem Mülheimer Künstler Klaus Urbons ausgezeichnet. Freudestrahlend nahm das Duo den laut Oberbürgermeister Ulrich Scholten „traditionsreichsten und renommiertesten Preis der Stadt“ im Foyer der Sparkasse entgegen.

Auch wenn die Befürchtungen vieler Menschen groß seien, biete der Klimawandel Chancen, betonte Schlögl. „Arbeitsplätze werden entstehen, es lässt sich Geld verdienen.“ Es wachse viel Neues heran, „ähnlich wie damals, als die analoge Zeit von der digitalen abgelöst wurde und die Widerstände ebenfalls riesig waren“. Am Ende werde vieles wahrscheinlich besser sein, als man es sich jetzt vorstellen könne. „Und wenn man dann sagen kann, eine Wurzel dieses Positiven kommt aus Mülheim, wäre das doch eine gute Sache.“

Laudator nennt Schlögl einen Ausnahmewissenschaftler

Die Laudatio auf Schlögl hatte Prof. Dr. Martin Muhler gehalten, Chemiker an der Ruhr-Uni Bochum, der schon vor über 30 Jahren mit ihm zusammengearbeitet hat. Er wies auf die vielen Auszeichnungen hin, die „der Ausnahmewissenschaftler“ erhalten habe. Und versuchte mit knappen Worten, den komplexen Arbeitsbereich – Schlögl leitet am MPI die Abteilung Heterogene Reaktionen“ – zu skizzieren. Heterogene Katalysatoren, mit denen Schlögl sich beschäftigt, finde man in 80 Prozent aller industriellen chemischen Prozesse, „so dass die heterogene Katalyse zu den Schlüsseltechnologien zählt, die unseren Lebensstandard sichern“, hieß es unter anderem.

Laut Muhler zeichne sich der MPI-Wissenschaftler „durch eine immense Kreativität“ aus. „Sein überragendes Engagement“ zeige sich auch beim Projekt „Carbon2Chem“ in Kooperation mit der Thyssenkrupp AG: Robert Schlögl habe schon früh die Vision gehabt, die bei der Stahlproduktion anfallenden Hüttengase zu nutzen und durch den Einsatz heterogener Katalysatoren Wertstoffe wie Methanol oder Ammoniak daraus herzustellen. „Mit unermüdlicher Energie“ sei es ihm gelungen, ein Konsortium aus Industrieunternehmen, Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer Gesellschaft sowie verschiedener Unis auf die Beine zu stellen. Schlögl wirke, so lobte Muhler, „als Katalysator für das Gelingen der Energiewende hier im Ruhrgebiet“.

Preisträger könnten unterschiedlicher nicht sein

„Die Preisträger“, hatte OB Scholten zu Beginn gesagt, „könnten auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein“. Tatsächlich aber hätten sie viele Gemeinsamkeiten, verfolgten sie gleiche Anliegen: „Sie wollen die Welt erkennen und ausdrücken. Das versuchen sie jeweils mit den Möglichkeiten, die ihnen zu eigen sind.“ Die Auseinandersetzung mit ihren Werken führe zur Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. „Kunst und Wissenschaft geben Impulse, die Realität zu verändern, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Wege zu gehen.“ Künstler und Wissenschaftler seien „wesentliches Kreativ- und Innovationspotenzial für die Entwicklung der Stadt“.

John Waszek, ebenfalls Künstler und seit dem Studium Freund von Klaus Urbons, erinnerte in seiner Lobrede an dessen Anfänge als Schriftsetzer – „ja, es gab eine Zeit vor dem Computer“. Zu Studienzeiten gründete Urbons „die nicht unumstrittene“ hiesige Künstlergruppe Mütternacht mit, hob später mehrere Galerien aus der Taufe: „Spielstätten, an denen Kulturevents veranstaltet wurden, die häufig ästhetische Alternativen zum herkömmlichen Kunst- und Kulturbetrieb waren.“

Ende 1977 fertigte Urbons erste Arbeiten mit Kopierern

Ende 1977 fertigte Urbons dann die ersten Arbeiten mit Fotokopierern, für die er heute so bekannt ist. In einer Düsseldorfer Werbeagentur, so Waszek, habe der Diplomdesigner, „einer unbewussten Eingebung folgend, seine ersten sieben Realkopien gemacht“, und zwar von seinen Händen. „Heute ist das künstlerische Arbeiten mit dem Kopierer nichts Besonderes mehr, Ende der 70er war es ein gewagtes Unterfangen“, das auf Skepsis gestoßen sei.

Nichtsdestotrotz machte Urbons weiter mit der „Copy Art“, stellte aus, veranstaltete Workshops, veröffentlichte Bücher, eröffnete ein Museum für Fotokopie mit rund 100 Apparaten. „Auch in Zukunft“, so wünscht sich Waszek, möge Urbons seinen „kreativ-subversiven Geist umherschweifen“ lassen und „mit aufregend-interessanten Projekten überraschen“.

Makroscope steht vor einer ungewissen Zukunft

Urbons, der aktuell im „Makroscope“ an der Friedrich-Ebert-Straße tätig ist, wird dem Wunsch wohl entsprechen. Gestern aber nutzte er das Forum zunächst einmal, um Werbung in eigener Sache zu machen: Die geschichtsträchtige Immobilie am Rathaus stehe leider zum Verkauf, berichtete er, für 350 000 Euro. „Wir würden gern dort weitermachen, das Haus kaufen, bräuchten dafür aber Unterstützer“, sagte der Ruhrpreisträger.

>> RUHRPREIS WIRD SEIT 1962 VERLIEHEN

Schlögl und Urbons erhielten je 3000 Euro Preisgeld. Der seit 1962 verliehene Ruhrpreis entstand einst auf Anregung der Mülheimer Künstlerschaft. Die Entscheidung über die Vergabe trifft alljährlich der Betriebsausschuss Kulturbetrieb.

Zum Vorbereitungsgremium zählten Martin Weck, Vorstandsvorsitzender Sparkasse, Kulturdezernent Ulrich Ernst, Dr. Daniela Grobe (Kulturausschuss), Prof. Dr. Ulrike Haß (Bereich „Geisteswissenschaften“), Rainer Komers („Film“), Prof. Werner Schepp („Musik“), Dr. Corinna Schlicht („Literatur“), Eberhard Ross („Bildende Kunst“), Sven Schlötcke („Theater“) und Prof. Dr. Ferdi Schüth („Naturwissenschaften“).