Mülheim. . Etwa jeder vierte Mensch leidet bereits unter einer Fettleber. Prof. Hilgard plädiert für regelmäßige Kontrollen – auch jenseits des Blutbildes.

Ausgerechnet die Leber, Kraftwerk und Kläranlage im menschlichen Körper zugleich, muss mit immer größeren Belastungen fertig werden. Dabei ist es längst nicht nur der Alkohol, der diesem Organ zusetzt. Übergewicht, ein ungesunder Lebenswandel insgesamt schädigt dieses Organ massiv. Die nichtalkoholisierte Fettleber ist das größte Problem geworden. Etwa jeder vierte Mensch in Europa hat inzwischen eine Fettleber. Prof. Philip Hilgard, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie im Evangelischen Krankenhaus, spricht beim WAZ-Medizinforum von einer „riesigen Welle“ an Lebererkrankungen, die in den nächsten Jahren auf die Mediziner zukomme.

Eine gefährliche Entwicklung ist es auch deshalb, weil die Leber lange Zeit keinerlei Schmerzen oder Beschwerden macht, wenn es ihr schlecht geht: „Erst wenn 80 Prozent des Organs geschädigt sind, meldet sich das Organ“, sagt Hilgard . Eine gewisse Müdigkeit, Abgeschlagenheit können erste Anzeichen sein, später im fortgeschrittenen Stadium folgen Gefäßveränderungen auf der Haut, eine Gelbfärbung der Augen, Bauchwasser, Blutungen.

Blutwerte geben nicht immer Hinweis auf Schädigung

Auch die Blutwerte geben nicht immer einen Hinweis auf eine bereits vorhandene Schädigung: „70 bis 80 Prozent der Menschen mit einer Fettleber haben noch normale Werte“, sagt Hilgard. Er plädiert nicht nur dafür, mindestens einmal im Jahr seine Leberwerte kontrollieren zu lassen, sondern auch für eine ärztliche Kontrolle mit Ultraschall, erst recht, wenn es einen Verdacht gebe oder wenn die Leberwerte sich längere Zeit um den Grenzwert herum bewegten. Allerdings gelte auch: Nicht jeder erhöhte Leberwert sei gleich auch ein Zeichen für eine Schädigung,

Die Leber muss Hochleistungen vollbringen: Gifte aus der Nahrung und der Umwelt, Bakterien, manche Hormone sowie Medikamente muss sie unschädlich machen; Zucker und Fette, die der Körper in der Menge oft gar nicht verarbeiten kann, muss sie zwischenspeichern und zugleich auch Eiweißstoffe, Gerinnungsfaktoren produzieren. „Die Leberfunktion kann durch nichts ersetzt werden, auch nicht durch eine Dialyse wie bei der Niere“, so Hilgard.

Zirrhose ist eine Vorstufe für Leberkrebs

Hohe permanente Belastungen – dazu gehört der häufige Alkoholgenuss – führen zu Entzündungen, die Leberzellen werden geschädigt, der Durchmesser der Gefäße nimmt ab, Narbengewebe bildet sich, eine Zirrhose kann folgen, eine Vorstufe für Leberkrebs.

Erst ein fortgeschrittenes Narbengewerbe kann der Arzt durch die Bauchdecke tasten. Gute Erkenntnisse über den Zustand des Organs liefert die Elastographie, ein spezielles Ultraschallverfahren. Damit lässt sich recht zuverlässig feststellen, wie weit sich bereits schädliches Bindegewebe gebildet hat. Letztlich kann eine Leberpunktion genaue Aufschlüsse über den Zustand geben. Doch setzen die Ärzte in der Regel zunächst alle nichtinvasiven Verfahren ein.

Ein Medikament, dass die Fettleber heilt, gibt es nicht. Der beste Weg zur Gesundung, so Hilgard, sei die Änderung des Lebensstils. Besonders wichtig: Das Bauchfett muss weg! Wer nur um drei bis fünf Prozent sein Körpergewicht reduziert, hilft bereits der Leber. Viel ungesättigte Fettsäuren, ausreichend Ballaststoffe, regelmäßige Bewegung, sehr reduzierter Alkoholgenuss – alles das, so Hilgard, könne die Leber heilen lassen. Denn die Leber verfügt auch über die gute Fähigkeit, sich zu regenerieren – allerdings sind dem Grenzen gesetzt.

>> NÄCHSTES MEDIZINFORUM ZU DEPRESSIONEN

Das nächste WAZ-Medizinforum findet am Donnerstag, 30. November, um 18 Uhr im St. Marien-Hospital (Kapelle Kaiserstraße 50) statt.

Thema ist dann: „Depressionen erkennen und behandeln“. Referenten sind Chefarzt Dr. Rudolf Groß, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, sowie der Diplom-Psychologe Stefan Limberg. Wie immer sind im Anschluss an die Vorträge Frage der Gäste an die Experten möglich.

Anmeldungen zu der Veranstaltung sind ab sofort möglich unter Telefon 0201/804-8058.