Mülheim. . Viele Betroffene wollen selbst etwas tun. Die Integrative Medizin bietet dazu Möglichkeiten, zeigte das WAZ-Medizinforum im Ev. Krankenhaus.

Bis zu 90 Prozent der Krebspatienten wollen aktiv etwas zur Besserung ihres Leidens beitragen, eine große Anzahl nutzt dazu Angebote der Integrativen Medizin. Diese kann nachweislich in vielen Fällen hilfreich sein, Nebenwirkungen verringern, das Wohlbefinden steigern, die schulmedizinische Therapie unterstützen, so der Chefarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin im Evangelischen Krankenhaus, Dr. Jan Schröder, beim WAZ-Medizinforum am Samstag. Doch wichtig ist, dass die behandelnden Ärzte auch wissen, was der Patient zusätzlich zu sich nimmt.

„Denn wir wissen von manchen Mitteln, dass sie eine laufende Therapie nachteilig beeinflussen“, betont Schröder und nennt zum Beispiel das Johanniskraut, grünen Tee oder auch Vitamin C. „Arzt und Patient sollten immer gemeinsam besprechen, was zusätzlich wann eingesetzt werden sollte, um eine Therapie zu optimieren.“

Krebs lässt sich nicht aushungern

Mistel, Selen, Ingwer, Honig, Vitamine, Enzyme, Cannabis – die Liste der Integrativen Medizin ist lang. Hinzu kommen Akupunktur, Yoga, allemal Sport, Physiotherapie, chinesische Medizin, Kunsttherapie, psychologische Hilfen. Ein Nutzen ist häufig nachgewiesen worden. Beispiel Yoga: Viele Krebspatienten berichten von Schlafstörungen, nehmen dagegen Tabletten ein. „Nach regelmäßiger Anwendung von Yoga“, so Schröder, „haben sich bei vielen die Schlafstörungen deutlich gebessert.“ Die Einnahme von Schlafmitteln ging signifikant zurück.

Entscheidend sei immer, so Schröder, was das Wohlbefinden im Verlaufe der Krankheit steigert. Eine „Wohlfühl-Liste“ für jeden einzelnen Patienten hält der Chefarzt für einen guten Weg, bei dem jeder – auch mit Unterstützung von Therapeuten – niederschreibt, was ihm gut tut. Der Psyche kommt bei der Therapie generell eine besondere Bedeutung zu, weshalb die Mediziner auch die Unterstützung von Familie und Freunden als sehr wertvoll einstufen.

Genauso wie es Mittel und Methoden gibt, die nachweislich bei einer Krebstherapie Nebenwirkungen lindern, die Lebensqualität steigern und den Verlauf einer Therapie positiv beeinflussen, so gibt es auch zahlreiche Methoden und Versprechungen auf dem Markt, vor denen die Ärzte warnen: „Bei teuren Heilversprechungen wäre ich immer vorsichtig“, sagt Schröder und nennt als Beispiel eine teure Immuntherapie: „Wir können zwar das körpereigene Immunsystem mittlerweile erfolgreich gegen den Krebs nutzen, aber keine Immunabwehr im Reagenzglas herstellen.“ Skepsis sei immer dann angebracht, wenn die Krankenkassen die Kosten der Behandlung nicht tragen.

Zahlreiche Kooperationen

Auch vor den Versprechungen einer sogenannten Krebsdiät warnt der Mediziner. „Man kann den Krebs nicht aushungern!“ Allerdings sollten Krebspatienten sehr wohl auf ihre Ernährung achten, „die den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann“: viel Obst, viel Gemüse, pflanzliche Öle und Fette, ein- bis zweimal die Woche Fisch, wenig Fleisch, wenig Zucker, am besten keinen Alkohol. Und: „Essen sollte jeder genießen, sich dafür Zeit nehmen.“

Nachweislich – es gibt Studien mit mehreren tausend Teilnehmern – wirke Sport positiv auf den Krankheitsverlauf. „Wir wären manchmal froh, wenn wir diese Besserung mit einer Chemotherapie erreichen würden“, sagt Schröder zu den Wirkungen von Bewegung. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Bewegung auf dem Golfplatz, im Schwimmbad, auf dem Rad oder bei der Gartenarbeit erfolge. Drei bis fünf Stunden Aktivität pro Woche gilt als Richtschnur.

Wichtig ist vielen Krebspatienten, dass ihr Schicksal nicht in den Händen eines einzelnen Arztes liegt. Die Onkologie des Evangelischen Krankenhauses arbeitet unter anderem mit der Naturheilklinik Essen zusammen, vor allem aber mit den 23 in Mülheim niedergelassenen Medizinern, die auch naturheilkundlich versiert sind. „Für eine gute Therapie muss keiner über die Stadtgrenze gehen.“