Mülheim. . Bisher fehlt ein Fachmann, der die Schäden begutachten und eine Sanierung vorantreiben kann. Bürger könnten mit Plänen weiterhelfen.

  • Die oberen Etagen des Turms sind aus Sicherheitsgründen längst gesperrt worden
  • Trotz intensiver Suche fehlt ein Fachmann, der sich mit solchen Baukonstruktionen auskennt
  • Als Stahlfachwerk-Konstruktion ist auch die Zeche Zollverein in Essen entstanden

Der Bismarckturm – er thront unübersehbar auf dem Kahlenberg – zeigt Altersschwächen. Ihm brechen die Steine weg. So eisern, wie der Wille des ersten Reichskanzlers gewesen sein soll, ist die Überlebensstärke des stählernen Turmfachwerks nicht. „In den oberen Etagen zeigen sich Rostschäden. Die Steine werden nach außen gedrückt“, beschreibt Frank Buchwald, Leiter des städtischen Immobilienservices, nur ein Sanierungsproblem. Auf Kosten für die Operation am geschützten Denkmal und wann sie beginnen kann, mag er sich erst gar nicht festlegen.

Die oberen Etagen sind aus Sicherheitsgründen längst gesperrt. aber die Immobilienbetreuer wissen nicht, wie sie mit dem Turm umgehen sollen. Das Befreien der Mauern vom Efeu soll demnächst neue Erkenntnisse bringen. Trotz intensiver Suche fehlt bisher ein Fachmann, der sich mit solchen Baukonstruktionen auskennt.

Sandsteine sind nur vorgeblendete Fassade

Die äußerlich sichtbaren Sandsteine sind wohl nur vorgeblendete Fassade. Die Innenwände bestehen aus Ziegeln. „Zwischen beiden Steinlagen befindet sich das Stahlgerüst, das den Turm und seine Zwischendecken trägt. Wie und in welcher Weise, das wissen wir nicht. Ich stehe wirklich ratlos vor dem Turm“, so der Hilferuf Buchwalds in der Bezirksvertretung 1.

Neben den bisher unbeantworteten Statikfragen fehlen Konstruktionspläne des 108-jährigen Turms. Buchwald: „Die sind wahrscheinlich im Zweiten Weltkrieg verbrannt, jedenfalls nirgends auffindbar.“ „Dabei können vielleicht Mülheimer helfen“, hofft Christian Völlmecke (SPD). „Einige haben zu Hause selbst kleine Privatarchive aufgebaut. Könnte doch sein, dass dort Unterlagen über den Bismarckturm schlummern, die jetzt händeringend gebraucht werden.“

Oberhausens Hauptbahnhof ist ähnlich konstruiert

Als Stahlfachwerk-Konstruktion ist auch das heutige Weltkulturerbe Zeche Zollverein in der Nachbarstadt entstanden. Dort wurden 2200 Tonnen Stahl zum Tragwerk erstmals verschweißt. Ähnlich ist Oberhausens Hauptbahnhof konstruiert. „Vielleicht können die dortigen Sanierer am Bismarckturm helfen“, setzt Christian Völlmecke auf Nachbarschaftshilfe. Genietet ist der Stahl im Mülheimer Turm.

Viel Zeit bleibt für die Instandsetzung des Bismarckturms nicht. „Der rostende Stahl hat in den oberen Etagen bereits Steine aus der Fassade gedrückt“, schildert Frank Buchwald die wackelige Lage. „Ob auch die Fundamente Schäden haben, wissen wir nicht. Wir können nicht überall einfach Mauern öffnen. Wir hoffen, dass dort noch keine Feuchtigkeit eingedrungen ist.“

Ausgebrochene Steine werden eingelagert

Die bereits ausgebrochenen Steine muss der Immobilienservice alle nummerieren und einlagern – bei einem Denkmal Pflicht. Sollte sich kein fachkundiger Sanierer finden, bleibt nur der mühsame und teure Weg, den Turm in alle seine Einzelteile zu zerlegen. Danach folgt die Sanierung des tragenden Stahlgerüstes mit dem korrekten Wiedereinbau aller nummerierten Steine.

Ob diese Sisyphus-Arbeit sinnvoll ist, kann niemand sagen, weil ein verlässliches Gutachten fehlt. Der Bismarckturm wird alle zwei Monate inspiziert. Schwächt Rost weitere Träger des stählernen Gebälks, „müssen wir den Turm komplett sperren“, sagt Buchwald.