Mülheim. . Stadt nimmt nach jüngstem Beschluss demnächst 850 000 Euro mehr im Jahr ein.Manche Einkommen aus Halbtagsjobs gehen fast vollständig drauf.

Die vom Stadtrat im Oktober beschlossene Erhöhung der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung in Kitas und in der offenen Ganztagsschule stoßen auf deutliche Kritik. Dabei könnte die Erhöhung sogar noch höher ausfallen, wenn im Dezember die Politiker noch eine weitere Anhebung auch für untere und mittlere Einkommen beschließen sollten. „Sollte sich bis zum 1. August 2018 eine neue Beschlusslage ergeben, so wird die Satzung entsprechend angepasst“, sagt Jörg Albrecht vom Amt für Kinder, Jugend und Schule.

Lineare Erhöhung für alle Betreuungsformen

Bisher gibt es eine lineare Erhöhung für alle Betreuungsformen um drei Prozent. sowie eine einmalige Erhöhung um 15 Prozent bei einer 35-Stunden-Betreuung in der Kita, und es gibt für die oberen Einkommensklassen ab 100 000 Euro Jahreseinkommen ganz neue Sätze. Die Stadt nimmt dadurch, so das Kinder- und Jugendamt, im nächsten Jahr 200 000 Euro mehr ein, im Jahr 2021 sind es schon 850 000 Euro. Die SPD und die Grünen hatten ein Konzept vorgelegt, mit dem die Stadt rund 2,5 Millionen mehr einnehmen könnte.

„Da trifft es mal wieder die, die fleißig arbeiten gehen. Mit zwei Kindern ist dann der Lohn eines Halbtagsjobs, meistens für die Mama, weg“, kritisiert Tanja Brinkmann auf unserer Facebook-Seite. Hinzu komme, dass die Qualität der Betreuung oft „unter aller Kanone“ sei.

Leitbild „Familienfreundlichkeit“

Denise Suchon sieht den Tag kommen, an dem man sich auch bei einer 39-Stunden-Woche einen Kita-Platz bald nicht mehr leisten kann. Mit den höheren Elternbeiträgen will die Stadt ihr enormes Defizit etwas mildern, ebenso wie mit den höheren Gewerbesteuern. Gern macht das keiner im Rat. Es geschieht dennoch, weil die Politik keine weiteren Sparmöglichkeiten sieht oder sich nicht auf welche einigen kann.

Hat Mülheim nicht das Leitbild „familienfreundlich“?

„Es kann doch nicht sein“, meint Mel Anie Schwertfeger, dass „ständig Haushaltslöcher gestopft werden müssen und dann ausgerechnet an dieser Schraube gedreht wird.“ Aus Sicht von Mirko Schreiber werden die Kinder für die Misswirtschaft der Stadt verantwortlich gemacht. Und Thomas Rotert erinnert daran, dass die SPD gerade noch für kostenfreie Kernzeiten in den Kitas geworben hat. „Das ist eine absolute Unverschämtheit, dass Eltern für die Kita oder überhaupt für die Bildung der Kinder zahlen müssen“, erklärt Thorsten Litzba. Er fragt sich auch: Wäre die Erhöhung der Beiträge nötig, wenn die Politiker in Mülheim nicht bei Zinswetten Geld verzockt hätten? Viele Betroffene geben auch zu bedenken: Hat Mülheim sich nicht das Leitbild „Familienfreundliche Stadt“ gegeben?

In der Politik sind weitere Erhöhungen umstritten. Die CDU wehrt sich unter anderem. Andererseits, der Stadtrat muss noch weitere zwei Millionen Euro irgendwo einsparen oder mehr einnehmen. Die SPD hat angekündigt, die höheren Elternbeiträge noch einmal ins Gespräch zu bringen. Es gibt einen zweiten Anlauf.

<<< OG S IN MÜLHEIM TEURER

Die OGS ist in Mülheim teurer als in anderen Städten. Gutachter sehen darin Sparmaßnahmen, indem der Betreuungsschlüssel verringert wird.

Politisch wird dies abgelehnt. Rat und Verwaltung sehen in weiten Teilen in der guten Betreuung mit mehr Personal als anderswo eine wichtige Investition in die Zukunft.