Mülheim. . Alice Könitz, die in Los Angeles lebt, kehrt für eine Ausstellung im Kunstmuseum in ihre Kindheit in den 70er Jahren in Mülheim zurück.
Zwischen unzähligen Farbflaschen steht Alice Könitz auf der Leiter und malt die Konstruktionen an, auf denen später Kunstobjekte drapiert werden. Die 46-Jährige ist aus Los Angeles eingeflogen, wo sie seit langem lebt. Im Kunstmuseum wird sie MH und L.A. zusammenführen, lädt zig Künstler aus Amerika und Europa ein, um ihnen eine Plattform in ihrer Ausstellung zu bieten. Dabei sind ihr Vater, Bildhauer Peter Könitz, und dessen befreundeter Kollege, Wolfgang Liesen, Vertreter einer anderen Generation.
Mit ihrer eigenen Präsentation tritt Alice Könitz eine Reise in die Vergangenheit an – setzt sich anhand von Ausstellungsstücken mit ihrer Kindheit auseinander, die sie in Mülheim verbracht hat.
Interview mit der Oberbürgermeisterin
Mit Farbklecksen übersät, sitzt die brünette Künstlerin ganz unprätentiös mit wachen und warmen braunen Augen auf einem noch blanken Holzpodest. Als ich sie interviewen möchte, blinkt das rote Lämpchen des Aufnahmegerätes – Störung. „Ach, das kenne ich. Als Kind wollte ich mal die Oberbürgermeisterin mit einem Kassettenrekorder für eine Schülerzeitung interviewen. Da habe ich vergessen, die Aufnahmetaste zu drücken. Wir mussten alles nochmal neu machen. Aber Frau Güllenstern war total nett und hat ein zweites Mal mitgemacht.“
Die ersten 14 Jahre hat Alice Könitz in Mülheim verbracht, besuchte die Grundschule an der Zastrowstraße, wechselte zum Karl-Ziegler-Gymnasium, studierte Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf, bevor ein Stipendium vom Deutschen Akademischen Austauschdienst ein Studium am California Institute of the Arts für sie zum Sprungbrett in die Kunstmetropole Los Angeles wurde.
Ihr Talent wurde früh entdeckt
Schon früh wurde ihr Talent entdeckt. 1996 konnte Alice Könitz den Förderpreis des Ruhrpreises in ihrer Heimatstadt Mülheim einheimsen. Später kamen weitere Preise dazu, darunter der renommierte Mohn-Award. Für ihre Werke, die sie als „konzeptuelle Skulpturen“ verstanden wissen will, verwendet sie einfache Dinge aus dem Alltag. 2012 erschuf die Künstlerin mit dem Los Angeles Museum of Art (LAMOA) ein Mini-Museum als Holzhaus, „das viele Leute an ein japanisches Teehaus erinnert“, sagt Alice Könitz. „Ich lade befreundete Künstler ein, darin ihre Werke zu zeigen.“ Das LAMOA geht auf Wanderschaft, „demnächst nach Portland“.
Wichtige Figuren und Vorbilder in der Kunst waren für sie ihr Vater Peter Könitz und Wolfgang Liesen. „In den 70er und 80er Jahren habe ich mitbekommen, was die Freunde meiner Eltern machen und ihren Weg weiterverfolgt.“ Die formalen Arbeiten von Wolfgang Liesen beispielsweise, „haben mich tief beeindruckt.“ Von ihrem Vater habe sie mitbekommen: „Wir haben uns oft über Kunst unterhalten und sind die ganze Zeit im Dialog gewesen.“ An ihrem Vater schätzt sie „seine Offenheit und das Interesse an den Dingen.“
Offenheit an die Tochter weitergegeben
Das hat er wohl seiner Tochter weitergegeben. Lebte sie früher mitten in Los Angeles im sonnigen Kalifornien, wohnt sie heute „mit meinem Freund in Altadena, eine halbe Stunde von Downtown L.A. entfernt.“ An der USA-Westküste entstand ihr umfangreiches Werk aus skulpturalen Objekten, Filmen, Zeichnungen und Collagen. Zwar waren ihre Werke schon in Galerien in Köln und Berlin zu sehen — aber das Kunstmuseum widmet Alice Könitz ihre erste museale Ausstellung in Deutschland.
Es sei ein gutes Gefühl, mal wieder in Mülheim zu sein, sagt die Künstlerin: „Es ist ein bisschen aufregend, total vertraut und fremd zugleich.“ Normalerweise beschäftige sie sich nicht mit ihrer Kindheit, „für diese Ausstellung reise ich in die Vergangenheit – unweigerlich.“
Kritisch-ironischer Blick auf Donald Trump
Kritisch-ironisch mit Blick auf Präsident Trump hofft Könitz, die eine Greencard besitzt, danach wieder in die USA einreisen zu dürfen. Bei Trumps Politik „kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Man hat ein bisschen Angst, was noch alles passiert.“
Viel passiert ist offenbar in Alice Könitz spannender und kreativer Kindheit in Mülheim. Sie schnappt sich den kleinen Jeans-Anzug aus den 70er Jahren mit Blümchen-Applikationen, der für die Ausstellung nachgenäht wurde: „Damit bin ich mit einem Jungen aus dem Kindergarten auf Exkursion gegangen.“
>> KINDHEIT IN DEN SIEBZIGER JAHREN
- Die Ausstellung wird vom Mülheimer Kunstverein unterstützt. Darin reflektiert Alice Könitz Situationen, Künstler und Orte, die ihre Kindheit in den 70er Jahren in Mülheim geprägt haben. Eröffnung ist am 9. September.
- Konzipiert hat sie zwei Ausstellungen in einer: Während in einem Raum neuere Arbeiten von ihr vorgestellt werden, präsentiert sie im anderen Saal Künstler aus Berlin, Essen, Düsseldorf, Los Angeles und Wien