Mülheim. . WAZ-Leser besuchten die Zentrale Notaufnahme im Marien-Hospital – und bekamen dort eine eindrucksvolle Demonstration.

  • Den Schockraum im Marien-Hospital konnte eine Gruppe von WAZ-Lesern besichtigen
  • Die Fachleute zeigten ihnen, wie dort ein schwer verletzter Unfallpatient untersucht wird
  • Auf dem Untersuchungstisch lag ein schauspielernder junger Mann von den Maltesern

Wie es der Zufall so will.... Gerade als Dr. Thomas Franke, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Zentralen Notaufnahme im Marien-Hospital, den WAZ-Lesern den „Schockraum“ (zur Erstversorgung eingelieferter Patienten) zeigen will, geht ein Anruf ein. Ein Unfall. Ein 20-jähriger Rollerfahrer ist von einem Auto angefahren worden und schwer verletzt. Er wird mit dem Rettungswagen in die Klinik gebracht. „In vier Minuten treffen wir ein!“, teilen Notarzt und Rettungssanitäter mit. Schnell wird daher der Schockraum-Alarm ausgelöst.

Aus allen Ecken des Krankenhauses eilen Mitarbeiter herbei. Ärzte, MTAs, MTRAs, Krankenpfleger. Etwa 15 Spezialkräfte. Gleichzeitig werden im Untersuchungsraum auch schon alle Geräte hochgefahren.

Besucher fühlen sich unwohl

© Oliver Müller

Als der Rettungswagen eintrifft, fühlen sich die Besucher sichtlich unwohl. Schaulustige möchten sie eigentlich nicht sein. Da gibt Dr. Franke Entwarnung: „Keine Angst, der Fall ist nur gestellt, der Verletzte ein Schauspieler.“

„Wir wollen Ihnen anschaulich und realitätsnah zeigen, was passiert, wenn ein Mensch mit schweren Verletzungen eingeliefert wird“, ergänzt Hubert Brams, Geschäftsführer des Krankenhauses. Das bleiche Unfallopfer auf der Trage ist ein kerngesunder Mitarbeiter des Malteser Hilfsdienstes, der zwei Stunden lang geschminkt wurde. Die Schürfwunden am Kopf und das offene Schienbein sehen täuschend echt aus.

Hochspezialisiertes Team

Das hochspezialisierte Team spinnt den inszenierten Notfall ganz professionell weiter. Der Verletzte wird reingefahren und auf den Untersuchungstisch gelegt, von Notarzt Dr. Georg Roos-Simon wissen die Kollegen bereits, welche Verletzungen vorliegen könnten, wie der Gesamtzustand des jungen Mannes ist und welche Maßnahmen bereits am Unfallort getroffen wurden.

Teamleiter im Schockraum ist heute Dr. Elmar Kreisel, ein Unfallchirurg. Er fasst die ersten Erkenntnisse knapp und präzise zusammen. Klare Ansagen sind extrem wichtig in der Notaufnahme. Vor Ort sind jetzt auch ein Anästhesist, eine Internistin, zwei Radiologinnen, ein weiterer Unfallmediziner, eine MTA, eine MTRA sowie zwei Fachkrankenpfleger für Notfallmedizin. Weitere Fachleute können bei Bedarf dazugeholt werden. „Jeder kennt hier seine Aufgabe genau“, erklärt Hubert Brams. Schließlich wird regelmäßig für den Einsatz trainiert.

Schnell, aber nicht hektisch

Schnell wird hier gearbeitet, aber nicht hektisch. Auch wenn der Zeitfaktor in der Notfallmedizin eine große Rolle spielt. „Hier gibt es kein Gehetze und Geschrei wie in manchen TV-Serien. Es muss konzentriert gearbeitet werden“, sagt Dr. Thomas Franke. Der Patient wird entkleidet und nach festgelegten internationalen Regeln mit modernsten Geräten wie Röntgen-, Sonographie- oder Ultraschallgerät gecheckt. Geprüft werden die Atmung, der Kreislauf, die neurologische Beweglichkeit. Eruiert wird unter anderem auch: Gibt es Vorerkrankungen? Natürlich wird auch Blut abgenommen, eventuell werden Blutkonserven bestellt. Immer wieder werden Atmung und Herzschlag kontrolliert.

Der Patient (Schauspieler) bei der Computertomographie. Sie liefert Erkenntnisse über innere Verletzungen, im Hintergrund: die WAZ-Leser.
Der Patient (Schauspieler) bei der Computertomographie. Sie liefert Erkenntnisse über innere Verletzungen, im Hintergrund: die WAZ-Leser. © Oliver Müller

„Die Vitalparameter sind alle gut“, heißt die beruhigende Nachricht. Welche Verletzungen vemutlich vorliegen, fasst Dr. Elmar Kreisel dann zusammen: „Eine freie Blutung zwischen Niere und Milz, ein instabiles Becken, eine offene Unterschenkelruptur.“ Um Genaueres zu diagnostizieren, müsse der Patient zur Computertomographie. Gesagt, getan. Dort stellt sich heraus, dass die Milz gerissen ist und der Beckenring gebrochen – wie auch das Bein. Ein Eingriff ist nötig, sofort wird der OP informiert. Wenige Minuten später liegt der Verletzte auf dem OP-Tisch.

Fragen bleiben danach kaum

Hier endet die beeindruckende Vorführung für die WAZ-Leser. Wie es weitergehen könnte, erläutern die Ärzte aber noch: „Im ersten Eingriff würde man die innere Blutung stillen und das Bein stabilisieren. Der Patient käme danach für 6 bis 7 Stunden auf die Intensivstation. Wenn er weiter stabil ist, würde man danach mit der feineren Diagnostik fortfahren.“

Fragen bleiben nach der umfassenden Darbietung kaum. „Gibt es hier einen Hubschrauberlandeplatz?“, lautet eine. (Nein) „Wer entscheidet, in welche Klinik man gebracht wird?“ eine andere. (Notarzt, in die „nächste geeignete“). Die Besucher haben die Erkenntnis gewonnen: Im Notfall wird schnell gehandelt und viel getan.

>> 4500 BIS 5000 NOTFALLEINSÄTZE IM JAHR

- 4500 bis 5000 Rettungseinsätze gibt es in Mülheim im Jahr, zwei Notärzte fahren im Wochenwechsel raus zu den Patienten.

- In 80 % der Fälle handelt es sich um internistische Notfälle (Herzinfarkt, Schlaganfall, etc.), in 10 bis 15 % um chirurgische Problematiken. Nur etwa 2 % der Eingelieferten sind Traumapatienten (also Unfallopfer).