Mülheim. . Die Ambulanzen in den Krankenhäusern weisen keine Patienten ab. Doch muss man mit Wartezeiten rechnen. Viele Mülheimer kennen die Notfallpraxis nicht

  • Behandelt wird nach der Dringlichkeit der Fälle
  • Längere Wartezeiten sind einzukalkulieren
  • Patienten können ihre Situation oft nicht selbst einschätzen

Rund 25.000 Patienten werden pro Jahr in der Notfallambulanz des Evangelischen Krankenhauses (EKM) aufgenommen – Tendenz steigend. „Das ist“, sagt Ernst-Georg Holstein, Chefarzt der Zen­tralambulanz am EKM, „in ganz Deutschland ein Thema.“ Rund 15.000 dieser Patienten am EKM können nach einer ambulanten Behandlung am selben Tag wieder nach Hause gehen.

Was viele Patienten in Mülheim offenbar (noch) nicht wissen: Außerhalb der Sprechstunde der niedergelassenen Haus- oder Fachärzte ist die kassenärztliche Notfallpraxis (im St. Marien-Hospital) abends und an den Wochenenden geöffnet. Wer stattdessen – zum Beispiel mit einer Erkältung – eine Notfallambulanz aufsucht, verlängert die Wartezeit. Die eigene und die der anderen. Denn behandelt wird stets nach der Dringlichkeit der Fälle. Ein Patient mit einem vor drei Tagen umgeknickten Knöchel muss möglicherweise sehr, sehr viel Zeit mitbringen.

Natürlich ist es für einen Patienten nicht so einfach zu beurteilen, ob er nun ein Notfall ist, wenn er plötzlich Schmerzen bekommt. Dass dies oft mit Ängsten und Verunsicherung einhergeht, wissen die Ärzte nur zu gut. Im Krankenhaus jedoch muss man möglicherweise dennoch stundenlang auf das Arztgespräch warten, weil andere Fälle als dringender eingestuft werden, Unfallopfer zum Beispiel.

Krankenhausgesellschaft beklagt Unterfinanzierung

Niemand werde jedoch abgewiesen, jeder werde angesehen, betont Chefarzt Ernst-Georg Holstein. Wie auch sein Kollege Ludger Esser, Oberarzt in der Unfallchirurgie am St. Marien-Hospital. „Wir verweisen die Patienten teilweise an die Notfallpraxis“, sagt er. „Manche sagen uns auch: Das wussten wir gar nicht.“

In der Notaufnahme erwarte ein Patient, sofort behandelt zu werden – das sei aber vor allem nachts und am Wochenende nicht zu leisten, erklärt Esser: Ein diensthabender Arzt könne mit einem Schwerverletzten auch schon mal eineinhalb Stunden beschäftigt sein. Oder länger. „Das erwartet jeder im umgekehrten Fall ja auch.“

In der Zentralen Notaufnahme merken sie auch die Jahreszeiten: „Bei Hitze haben wir mehr internistische Notfälle, bei Eis und Schnee mehr chirurgische“, sagt Ludger Esser, und ergänzt: „Man merkt auch, wenn die Amateurfußballsaison unterbrochen ist.“

Dass Flüchtlinge im Krankheitsfall eher in ein Krankenhaus anstatt zum niedergelassenen Arzt gehen, weil sie es oft aus ihren Heimatländer so gewohnt seien, kann Ernst-Georg Holstein vom EKM allerdings nicht bestätigen: Anfangs hätten die Hilfsdienste die Menschen häufiger in die Notfallambulanz gebracht, doch inzwischen habe sich das eingespielt. Im Schnitt sei etwa ein Patient pro Tag in der Notfallambulanz ein Flüchtling.

Öffnungszeiten der kassenärztlichen Notfallpraxis

Die deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) beklagt seit Jahren nicht nur die Überlastung der Notaufnahmen in den Krankenhäusern, sondern auch ihre Unterfinanzierung.

Einem durchschnittlichen Erlös von ca. 32 Euro pro ambulantem Notfall im Krankenhaus stünden Fallkosten von im Schnitt über 120 Euro entgegen. Das hieße ein Minus von fast 90 Euro pro Fall. Bundesweit geht die DKG hochgerechnet von einer Milliarde nicht gedeckter Kosten aus.

Die kassenärztliche Notfallpraxis im St. Marien-Hospital, Kaiserstraße 50, Eingang Adolfstraße, hat geöffnet: Montag, Dienstag, Donnerstag: 19 bis 22 Uhr. Mittwoch und Freitag: 14 bis 22 Uhr. Samstags, sonntags und feiertags:
9 bis 22 Uhr