Mülheim. . Mit ungewöhnlichen Aktionen aus Kunst und historischen Fakten will der ehrenamtliche Gästeführer Georg Reinders für die Ruhrstadt begeistern.

  • Georg Reinders will Mülheimer mit einer Mischung aus Musik und Geschichte von ihrer Stadt überzeugen.
  • Feuer für die Kultur fing der 52-Jährige von einigen Jahren durch die Projekte der Kulturhauptstadt 2010.
  • Seine Führung „Klassik-Klang-Kopfsteinpflaster“ war mehr als ausgebucht - aber auch eine Menge Arbeit.

Wenn es um die Entwicklung der Mülheimer Innenstadt geht, gibt es viele Apokalyptiker – Georg Reinders allerdings ist keiner von ihnen. Statt des eintönigen Abgesangs hat der Wahlmülheimer die Klassik gewählt, um die Mülheimer mit einer Mischung aus Musik und Geschichte von ihrer eigenen Stadt zu überzeugen. Entstanden ist das Projekt „Klassik-Klang-Kopfsteinpflaster“.

„Um Menschen für Stadtgeschichte zu begeistern, muss man etwas Neues auch für Alteingesessene bringen“, meint Reinders, der normalerweise als Chemotechniker in Rheinhausen Luft- und Wasserwerte prüft und zum Zeitvertreib als Gästeführer den Menschen die Ruhrstadt ans Herz legt.

„Die Stadt ist besser als ihr Ruf“

„So schlecht ist sie nicht – die Stadt ist besser als ihr Ruf“, ist Reinders überzeugt. Es braucht wohl erst einen Blick von Außen, um das erkennen zu können. Der Wahlmülheimer jedoch hat ihn, und versucht, das im Alltag Gewohnte und Eingefahrene zu durchbrechen.

In seinem Projekt Klassik-Klang-Kopfsteinpflaster im vergangenen Juli führte er Menschen bewusst an Alltagsorte wie etwa in den U-Bahnhof und zur Schloßbrücke. Dort ließen Musiker Menschen Tango tanzen oder überraschten die Teilnehmer mit unerwarteten Instrumentierungen.

„Die Schloßbrücke hat mich verzaubert. Ich wollte deshalb zeigen, dass auch ein so alltäglicher Ort wie der U-Bahnhof oder eben die Schloßbrücke eine besondere Magie entwickeln kann“, sagt Reinders.

Ehrenamtlicher Volunteer bei der Kulturhauptstadt

Feuer für die Kultur fing der 52-jährige Wissenschaftler von einigen Jahren durch die Projekte der Kulturhauptstadt 2010. Damals meldete er sich als ehrenamtlicher Volunteer und half bei rund 40 Projekten im gesamten Ruhrgebiet mit.

„In meinem Beruf bin ich sehr technisch orientiert. Vielleicht spricht die bildende Kunst gerade deshalb etwas anderes in mir an“, überlegt Reinders. „Wenn im Theater auch nur ein einfacher Stuhl auf der Bühne steht, bin ich fasziniert und frage mich: Was bedeutet das?“

An ein 2010-Projekt am Essener Dom erinnert sich Reinders sehr gut: „Es ging um Namen und Steine, um die Erinnerung an Menschen, die an Aids gestorben sind. Viele Essener wussten von diesem Gedenkort nicht, obwohl sie den Dom in und auswendig kannten. Das war ein ergreifendes Erlebnis.“

Eingetretene Pfade verlassen

Damals aber wurde dem Ehrenamtler klar, dass er sich selbst auf die Spurensuche machen muss, um das Besondere einer Stadt sichtbar zu machen. Er bildete sich weiter zum Gästeführer und fing an, für seine Führungen nicht nur intensiv zu recherchieren, sondern immer auch etwas Unerwartetes zu bieten, eingetretene Pfade zu verlassen.

Das kann durch etwas Kulinarisches geschehen, das man als Kostprobe auf einem Gang durch Saarn erhält oder durch den Besuch in einem afrikanischen Markt in Eppinghofen - „wo mancher Mülheimer sich allein vielleicht nicht ohne Weiteres hintraut“.

Unsicher ist derzeit nur die Finanzierung

Oder eben ein kurzer Tango in der U-Bahn wie beim aktuellen Projekt Klassik-Klang-Kopfsteinpflaster. „Man muss bei einer Führung den Menschen Wissen vermitteln, aber auch das, was jenseits der harten Fakten liegt.“ Aufgeschlossen und unverkrampft will Reinders Skeptikern begegnen.

Und wie geht es weiter mit dem Projekt? „Die Nachfrage war groß, wir waren mehr als ausgebucht - es war aber auch eine Menge Arbeit. Solange sie Spaß macht, will ich weiter machen“, räumt der ehrenamtliche Gästeführer ein. Unsicher ist derzeit nur die Finanzierung, denn die Unterstützung der öffentlichen Hand gab es nur zum Anschub: „Wenn ich weiter mit Künstlern arbeite, müssen sie fair bezahlt werden, ohne dass der Eintritt für die Führung zu hoch wird.“ Ein Sponsor müsste also mitziehen.