Mülheim. . Bei der Mülheimer Tafel wird nicht überprüft, wer bedürftig ist. Wer sich anstellt, bekommt kostenlos Lebensmittel – auch viele Rentner.
Es ist heiß in der Sonne, die unerbittlich auf die Wartenden bei der Tafel herab scheint. Marita (Name geändert) ist mit ihrem Einkaufstrolley gekommen. Nur kaufen kann die 68-Jährige in diesen Tagen kaum etwas. Immer, wenn der Monat sich dem Ende neigt, muss sie sich in die Schlange der Lebensmittelsausgabe stellen. 850 Euro bekommt die Alleinstehende an Rente. Vor kurzem sind ihre drei Kinder zum Studium ausgezogen. Jetzt lebt Marita allein in der Wohnung mit rund 500 Euro Mietkosten. Lange, das weiß sie, wird sie sich das nicht mehr leisten können. „Ich gehe nicht immer zur Tafel“, sagt sie. „Nur wenn ich merke, dass der Kühlschrank immer leerer wird.“
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Marita sieht man die Armut nicht an. Wie so vielen hier. „Wir haben so ein Bild, wie arme Menschen aussehen sollten. Aber die wollen doch auch nicht, dass man das direkt erkennt“, sagt Michael Farrenberg, Betriebsleiter des Diakoniewerks. Er weiß, dass viele ihre Scham erst überwinden müssen, um herzukommen. Bei der Tafel fragt daher niemand nach Kontoauszügen. Wer kommt, dem wird geholfen.
Morgens stehen viele Senioren in der Schlange
Zwei Ausgaben gibt es täglich: morgens um 10.30 Uhr und mittags um 12.30 Uhr. „Morgens vor allem, stehen viele Senioren in der Schlange“, sagt Farrenberg. Pro Ausgabe kommen etwa um die 150 Personen. „300 sind es mindestens am Tag.“
60 Läden – von der kleinsten Bäckerei bis zum großen Lager von Aldi – fahren die Mitarbeiter der Tafel jeden Tag nach festgelegten Tourenplänen an. Beim Bäcker gibt es die Waren vom Vortag, im Supermarkt das Obst und Gemüse, das nicht mehr so perfekt aussieht. „Milchprodukte, Wurst und Fleisch haben wir nur ganz wenig.“ Haltbare Waren wie Zucker, Mehl, Reis und Nudeln gibt es kaum. „Das ist dann fast wie Weihnachten.“