Mülheim. Erst viereinhalb Monate nach dem Beschluss trifft sich die Arbeitsgruppe zur ÖPNV-Fusion. Die Vertragsunterzeichnung ist schon am 14. Juli.
- Nach der Empörung über die Chefgehälter sollte eine Arbeitsgruppe den Fusionsprozess kritisch begleiten
- Doch seit dem Beschluss am 9. Februar kam noch kein Termin zustande. Nächste Woche gibt es ein Treffen
- Mittlerweile ist die Zeit knapp geworden. Am 14. Juli sollen die Verträge schließlich unterzeichnet werden
Das Informationsdebakel um die Gehälter von Uwe Bonan und Michael Feller als Geschäftsführer einer fusionierten ÖPNV-Gesellschaft für Mülheim und Essen brachte das Fass zum Überlaufen. Von diesem Zeitpunkt an fühlten sich Mülheimer Politiker darin bestätigt, eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gründen zu müssen, die den Fusionsprozess „intensiv und kritisch begleiten“ sollte. Bereits am 9. Februar beauftragte der Hauptausschuss die Verwaltung, eine solche Projektgruppe einzurichten. Geworden ist daraus allerdings nichts. Bislang tagte die interfraktionelle Gruppe, die für eine Fusion auf Augenhöhe sorgen sollte, nämlich noch kein einziges Mal.
Terminkollisionen zwischen Verwaltung und Fraktionen
Zum einen soll es an Terminkollisionen zwischen Verwaltung und Fraktionen gelegen haben. Deshalb sei das geplante Treffen am 19. Juni – also vorgestern – nicht zustande gekommen. Der nächste Termin ist nun laut Verwaltung für Mittwoch, 28. Juni, angesetzt. Dass nicht jeder zu jedem Termin Zeit hat, liegt in der Natur der Sache. Allerdings ist ein Großteil der Fraktionen zumindest darüber erstaunt, dass die interfraktionelle Arbeitsgruppe erst jetzt ihre Arbeit aufnehmen soll.
Der Notar-Termin zur Vertragsunterzeichnung ist bereits am Freitag, 14. Juli, in knapp dreieinhalb Wochen. Und aus einer E-Mail, die der Redaktion vorliegt, geht hervor, dass die Stadt erstmals am 31. Mai einen Versuch unternommen hat, einen Termin zu finden – mehr als dreieinhalb Monate nach dem Beschluss. Woran liegt das?
„Nicht an der Politik“, sagt Dieter Wiechering. Allerdings sieht der SPD-Fraktionschef die gesamte Sache gelassen – noch zumindest. „Vielleicht gibt es bislang nichts Berichtenswertes“, mutmaßt Wiechering, und sagt weiter: „Solange die miteinander reden und es noch nichts Nennenswertes gibt, mache ich mir keine Sorgen.“
Mit „die“ meint der SPD-Fraktionschef die Stadtspitze um Ulrich Scholten. Der Oberbürgermeister ließ durch Stadtsprecher Volker Wiebels ausrichten, dass bis zuletzt an den Verträgen gearbeitet worden sei. Mittlerweile aber habe man Vertragsentwürfe vorliegen, „die nicht alle drei Tage geändert werden müssen“. Insofern könne man mit den Fraktionen jetzt darüber sprechen.
Stadt: OB arbeitet eng mit MVG-Betriebsrat zusammen
Gleichzeitig bemüht sich Wiebels, den Eindruck zu vermeiden, die Verwaltung hätte die Hände in den Schoß gelegt. Das Gegenteil sei der Fall. Schließlich habe es bis Ende Mai nahezu jeden Montag einen Jour Fixe zwischen dem OB und dem MVG-Betriebsrat gegeben. „Der Oberbürgermeister arbeitet sehr eng mit dem Betriebsrat zusammen und versucht außerdem, jeden Termin möglich zu machen“, so der Stadtsprecher weiter.
Die meisten wundern sich dennoch, dass die Arbeitsgruppe so spät nach dem Beschluss und so kurz vor der Vertragsunterzeichnung erstmals tagen soll. Zumal die Projektgruppe eigentlich dafür gegründet wurde, um den Fusionsprozess zu begleiten und alle Fraktionen auf einen Kenntnisstand zu bringen. Das hatte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler Anfang Februar betont: „Wir wollen zeitnah über die wichtigen Meilensteine informiert werden, nicht erst kurz vor Ausschüssen oder Ratssitzungen.“
In zwei Vertragspunkten gibt es Klärungsbedarf
Nun aber ist die Zeit für die Arbeitsgruppe eng geworden, um begleitend in den Prozess einsteigen zu können. Zumal es besonders in zwei Vertragspunkten Klärungsbedarf gegeben hat: in langfristigen Leasingverträgen, die die Stadt Essen in den USA abgeschlossen hat, und die bislang noch eine Gefahr für den gesamten Fusionsprozess darstellten, und in den unterschiedlichen Versorgungskassen, denen MVG- und EVAG-Beschäftigte angehören. Insofern stelle er sich die Frage, „warum die AG erst so knapp vor dem Termin erstmals zusammenkommt“, sagt Grünen-Fraktionssprecher Tim Giesbert.
Und BAMH-Fraktionschef Jochen Hartmann fragt sich unterdessen, „was das für eine Arbeitsgruppe ist, die sich vor einem wichtigen Termin nur ein einziges Mal trifft?“
Dass es zumindest „unglücklich gelaufen ist“, sagt auch der CDU-Fraktionschef und MVG-Aufsichtsratsvorsitzender Wolfgang Michels. Er habe als Aufsichtsratsvorsitzender ohnehin einen Wissensvorsprung, so Michels, „aber als normaler Stadtverordneter hätte man durchaus mehr Informationen gebrauchen können“. Zumal es in beiden strittigen Punkten – US-Leasing und Versorgungskassen – nun eine Lösung geben solle. Insofern „hätte die Arbeitsgruppe eigentlich begleitend stattfinden müssen“.