Mülheim. . Nahezu jeder Behördengang soll in den nächsten Jahren überflüssig werden und digital erfolgen. Gutachter sehen Effizienzgewinn von 15 Prozent.
- Gutachter der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) sehen große Effizienzgewinne durch die Digitalisierung
- Nahezu jeder Behördengang soll in den nächsten zehn Jahren überflüssig werden
- Ein Arbeitsplatz-Abbau gilt als möglich, doch soll keine weitere Leistungsverdichtung erfolgen
Was die unaufhaltbar bevorstehende digitale Revolution mit den bestehenden Arbeitsplätzen machen wird, ob sie in der Bilanz zu einem massiven Stellenverlust führen wird, da ist sich die Fachwelt noch nicht einig. Unkommentiert von der Mülheimer Politik zeigte Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort nun auf, dass die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) der Meinung ist, die Digitalisierung der Stadtverwaltung könne einen „Effizienzgewinn“ gar von 15 Prozent bringen. Stehen nun 15 Prozent der Jobs in der Stadtverwaltung mittel- bis langfristig zur Disposition? Steinfort und Personalrat sind bemüht, den Ball flachzuhalten.
Auf Initiative der SPD hatte Steinfort jüngst im Hauptausschuss zum Projekt der Verwaltungsdigitalisierung zu berichten. Schon Anfang Mai hatte Steinfort im Gespräch mit dieser Zeitung einen Masterplan zur Digitalisierung angekündigt. Nahezu jeder Behördengang solle in den nächsten zehn Jahren überflüssig werden, statt physischer Präsenz des Bürgers sollen Behördenangelegenheiten zunehmend digital erledigt werden können. Etwa sind Behörden gemäß EU-Richtlinie bis November 2019 verpflichtet, bei öffentlichen Aufträgen elektronischen Rechnungsverkehr zu ermöglichen. Auch verwaltungsinterne Prozesse sollen via Digitalisierung vereinfacht werden.
Einfach, effizient und bürgerfreundlich
„Wir müssen da unseren Weg selbst finden“, sagte Steinfort im Ausschuss, es sei „kein Königsweg“ bei der Digitalisierung kommunaler Verwaltungen zu erkennen. Mit einem externen Partner und unter Einbezug der Mitarbeiter will die Stadt nun einen Masterplan entwickeln, der zum Ziel hat, „Verwaltungsprozesse möglichst einfach, effizient und bürgerfreundlich zu gestalten“ – und das digital.
In einem einzigen Satz ging Steinfort darauf ein, welchen Effekt die Digitalisierung auf das städtische Budget haben könnte. Er zitierte aus dem jüngsten GPA-Gutachten, wonach mittel- bis langfristig, „abhängig von der Ausgangslage und von den jeweiligen Tätigkeitsschwerpunkten, Effizienzgewinne von mindestens 15 Prozent zu realisieren“ seien.
Keine weitere Leistungsverdichtung
Die Politik hakte nicht nach, was das für die Personalentwicklung bedeuten könnte. Im Gespräch mit dieser Zeitung zweifelte Steinfort die Zahlen der GPA an. Die „mindestens 15 Prozent“ seien „nicht belegte Behauptungen, Schätzungen“. Im Zuge der Entwicklungen sei „ein Arbeitsplatz-Abbau schon möglich“, so Steinfort, gleichzeitig betonend, dass eine weitere Leistungsverdichtung damit nicht einhergehen dürfe.
Mehr Stellen als vor zehn Jahren
Dass die Verwaltung in Zukunft tatsächlich Personalkosten einsparen kann, glaubt Steinfort nicht. Dazu sei „der Gesetzgeber zu erfinderisch“ bei der Definition neuer Aufgaben für die Kommunen. Das habe man in den vergangenen zehn Jahren gesehen. Zwar habe man 20 Prozent der bestehenden Stellen abgebaut, habe durch gesetzliche Verpflichtungen aber viele neue Stellen schaffen müssen, dass die Verwaltung im Saldo heute mehr Stellen habe als vor zehn Jahren.
Was die Arbeitsplatzvernichtung im Zuge der Digitalisierung anbetrifft, ist der Personalratsvorsitzende Dirk Neubner noch „gelassen“, weil es sich um ein langfristiges Projekt handele und sich daher noch nicht in einer Dringlichkeit präsentiere, anders als viele der 115 Sparvorschläge der Gemeindeprüfer. Die GPA-Schätzungen zum Effizienzgewinn hält auch er für „sehr vage“, bezweifelt das vorgezeichnete Ausmaß. Klar sei: „Wir können uns dem Thema E-Government nicht entziehen.“ Eine moderne Verwaltung könne durch Digitalisierung kundenfreundlicher auftreten.