Mülheim. . Unternehmen registrieren neuen Rekord bei unbesetzten Lehrstellen und betonen die guten Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt nach einer Ausbildung.
- Tausende Ausbildungsstellen sind deutschlandweit zuletzt unbesetzt geblieben
- Der Sprecher der regionalen Wirtschaft fordert Politik wie Gesellschaft auf, für die Duale Ausbildung zu werben
- Für den DGB-Chef in Mülheim ist das Problem vielschichtig und nicht jede Lehrstelle hält er für attraktiv
Mit wachsender Sorge blicken die Unternehmer auf die zunehmende Zahl von Lehrstellen, die nicht besetzt werden. Für 43 500 Ausbildungsplätze fand sich laut Bundesbildungsministerium im vergangenen Jahr kein Bewerber. Aus Sicht des hiesigen Unternehmerverbandes eine sehr problematische Entwicklung.
Der Mülheimer Heinz Lison, Sprecher der regionalen Wirtschaft, fordert daher Politik wie Gesellschaft auf, noch nachdrücklicher für das einzigartige Modell der Dualen Ausbildung zu werben. Einen Grund für die stetig sinkenden Ausbildungszahlen sieht Lison unter anderem darin, dass viele Jugendliche und vor allem ihre Eltern nur das Abitur und das Studium als Weg zu einem guten Job ansehen. „Natürlich brauchen wir Akademiker, die beispielsweise Maschinen und Anlagen konstruieren. Aber wir brauchen auch Menschen, die sie gießen, zerspanen, montieren und mit Elektronik versorgen.“ Aus Sicht der Unternehmer bieten viele Berufe jenseits des Studiums gute Perspektiven und eine gute Bezahlung: „Ein Geselle in der Metall- und Elektroindustrie verdient durchschnittlich 54 000 Euro brutto im Jahr.“
Flüchtlinge wählen lieber Aushilfsjobs
Betriebe hatten gehofft, dass Flüchtlinge die Lücken schließen könnten. Häufig wählten diese jedoch lieber einen zunächst besser bezahlten Aushilfsjob und blieben dann in diesen Hilfstätigkeiten hängen, heißt es. Unternehmen, so Lison, könnten aber auch nicht ihre Anforderungen unbegrenzt absenken. „Die berufliche Praxis wird durch die Digitalisierung immer anspruchsvoller.“ Wohl aber seien viele Unternehmen bereit, Bewerbern eine Chance zu geben, deren Noten nicht so gut seien. Vorausgesetzt die Bewerber seien motiviert und zeigten eine praktische Begabung.
Bestehen bleibt die Forderung der Arbeitgeber nach einer größeren räumlichen Mobilität. „Es lohnt sich, andere Orte in den Blick zu nehmen.“ Dies könnte künftig den Bewerbern leichter fallen, wenn das angekündigte Azubi-Ticket eingeführt wird, so der DGB-Vorsitzende von Mülheim, Klaus Waschuleski. Wie für Studenten soll dadurch die Nutzung des ÖPNV deutlich günstiger werden. Für den DGB-Chef ist das Problem der freien Lehrstellen sehr vielschichtig. „Längst nicht alle Lehrstellen sind attraktiv, längst nicht immer die anschließende Perspektive gut.“
Jugendliche haben Angst zu scheitern
Waschulewski spricht auch Handwerksberufe an, wo die Verdienstmöglichkeiten eher gering seien, die Arbeitszeiten nicht verlockend. „Es gibt bei Jugendlichen auch eine Angst vor einem Scheitern. Die Einstellungshürden empfinden viele als zu hoch, die Einstellungstests als zu schwierig..“ Auch am Selbstvertrauen mancher Jugendlicher muss daher aus Sicht des DGB-Chefs gearbeitet werden.Vielleicht müsse auch noch einmal über die Anforderungen nachgedacht werden, so der Gewerkschafter.