Mülheim. An vielen weiterführenden Schulen in Mülheim stehen Kurse im Gesellschaftstanz auf dem Stundenplan. Teilweise sind die Angebote kostenpflichtig.
- Tanzstunden finden an vielen Schulen im Rahmen des regulären Sportunterrichtes statt
- Je nach Anbieter wird kostenlos in der Turnhalle geübt oder gegen Gebühr in der Tanzschule
- Bezirksregierung erklärt, unter welchen Voraussetzungen Schulunterricht Geld kosten darf
Junge Leute, die nie einen Tanzkurs besuchen, gab es früher häufiger. Heute ist es schwieriger geworden, sich dem Parkett zu verweigern – wer aussetzen will beim Walzer oder Cha-Cha, braucht vielfach ein ärztliches Attest. An den meisten weiterführenden Schulen in Mülheim gehört Gesellschaftstanz verpflichtend zum Sportunterricht. Professionelle Tanzschulen erteilen die Kurse, verfolgen allerdings unterschiedliche Konzepte.
Die Neuntklässler der Luisenschule hatten neulich Abschlussball. In der Stadthalle wurde groß gefeiert, in Abendgarderobe, mit Eltern. Insgesamt waren mehr als 500 Gäste da. Die Tanzschule Ritter hat die Jugendlichen vorbereitet. Zehn Wochen lang fand jeweils eine Sportstunde im Studio am Löhberg statt: „Ich lege großen Wert darauf, das Ganze professionell zu gestalten“, erklärt Tanzlehrer Thorsten Ritter, „dazu gehören Räumlichkeiten, wo wir die entsprechende Technik haben.“
Der Tanzkurs, inklusive Abschlussball, ist an der Luisenschule Pflichtveranstaltung für die Neuntklässler, und er ist kostenpflichtig: 25 Euro. Für das Fest zahlen die Jugendlichen dann nicht extra, lediglich von den Eltern wird Eintritt erhoben: zwölf Euro pro Person.
Es geht nicht nur ums Tanzen
In ähnlicher Form kooperiert Ritter auch mit anderen weiterführenden Schulen in Mülheim, nach eigenen Angaben finden seit etwa zehn Jahren gemeinsame Projekte statt. Obligatorische Tanzkurse durchlaufen auch die neunten Klassen der drei Realschulen, des Otto-Pankok- und des Karl-Ziegler-Gymnasiums. „Bevor es losgeht“, so Thorsten Ritter, „stelle ich mich mit meinem Konzept der Elternschaft vor. Die sind immer ganz angetan. Denn es geht nicht nur ums Tanzen, sondern auch darum, zwischenmenschliche Kompetenzen zu vermitteln.“ So sei in den Stunden „Respekt das A und O“, und auch die Tanzpartner würden ständig gewechselt, um gegenseitige Akzeptanz zu fördern.
Was die Kursgebühr anbelangt: Diese würde zu großen Teilen für die Stadthallenmiete verwendet, erläutert Ritter. Zudem: „Wir haben in Deutschland die glückliche Situation, dass man für Schule nichts bezahlen muss. Wenn ich aber einen externen Fachmann dazu hole, entstehen Kosten.“
Sportlehrer entscheiden über die Note
Nicht nur Ritter, auch die Altstadt-Tanzschule kooperiert seit Jahren mit mehreren Mülheimer Schulen: den Gymnasien Broich und Heißen sowie den Gesamtschulen Willy-Brandt und Gustav-Heinemann. Aber hier verfolgt man einen anderen Ansatz. Die Kurse, die fünf Doppelstunden umfassen, finden an den Schulen selber statt, meist in der Turnhalle.
Die Teilnahme ist zwar ebenfalls verpflichtend, aber kostenlos: „Die Eltern müssen für den regulären Sportunterricht nichts bezahlen“, betont Tanzschul-Inhaber Franz Jansen. Geld kostet es erst, wenn jemand Gefallen an der Sache und den Weg in die Tanzschule an der Bachstraße findet. Dort steigt auch jeweils der Abschlussball, allerdings auf freiwilliger Basis, für zehn Euro pro Person.
Grundsätzlich aber gilt: Wie sich der Nachwuchs auf dem Parkett bewegt, wird am Ende der Kurse benotet. Die Tanzlehrer können Vorschläge machen, aber die Sportlehrer entscheiden.
Wann Sportunterricht Geld kosten darf
Unterricht an öffentlichen Schulen in Deutschland, auch Sport, ist in der Regel Aufgabe des schulischen Lehrpersonals und kostenfrei anzubieten. Angebote, für die Eltern extra zahlen müssen, wie bei den Teenager-Tanzkursen, sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, dies erläutert eine Sprecherin der Bezirksregierung Düsseldorf auf Anfrage.
So muss die Klassenpflegschaft informiert werden und das Vorhaben genehmigen. Die Rahmenvorhaben für den Schulsport und die inhaltlichen Vorgaben des Lehrplans sind einzuhalten. Die Gruppenaufsicht bleibt beim zuständigen Sportlehrer, außerdem muss die Maßnahme „sozialverträglich“ und zeitlich begrenzt sein.
Auch Mülheims Schulrätin Heike Freytag, die zuständig ist für die Grund-, Förder- und Hauptschulen der Stadt, stellt für ihren Bereich klar: „Schulsport ist kostenlos. Kommerzieller Sport darf nicht den Unterricht ersetzen.“
Dass die kostenpflichtigen Tanzstunden eine Ausnahme bilden, meint auch Heiko Ries, Sportlehrer am Gymnasium Heißen und zugleich Berater im Schulsport für die weiterführenden Schulen in Mülheim. Er kenne jedenfalls keine anderen Beispiele. Nur für freiwillige Angebote müsse man gelegentlich etwas zahlen, wie für die Segelflug-AG an seiner Schule.