Mülheim. Die Linien 102, 104 und 112 fahren seit dem 8. Januar zur Hauptverkehrszeit nur noch alle 15 Minuten. Selbst das klappt nicht, beklagen Kunden.

  • Ein Kunde klagt, dass die Linie 104 in der ersten Woche der Taktumstellung stets zu spät gekommen sei
  • MBI-Ratsherr beklagt Taktausdünnung in einem offenen Brief an die Aufsicht bei der Bezirksregierung
  • Verkehrsgesellschaft sagt, sie prüfe den neuen Fahrplan aktuell auf Mängel und werde bei Bedarf handeln

Seit dem 8. Januar gilt der neue Fahrplan der Mülheimer Verkehrsgesellschaft, samt Taktausdünnung auf den Straßenbahnlinien 102, 104 und 112. Kunden sind gar nicht zufrieden. Sie beklagen ein unzureichendes Angebot in den Abendstunden, Unpünktlichkeit und verpasste Anschlüsse.

Paul Gromnitza wohnt nahe der Aktienstraße. Der Berufspendler hat sich in der vergangenen Woche mächtig über den ausgedünnten Takt der Linie 104 geärgert. Statt alle zehn soll die Bahn nun nur noch alle 15 Minuten morgens die Aktienstraße runterrollen. Gromnitzas Erfahrung: „Keine Bahn der Linie 104 fuhr im Morgenverkehr pünktlich.“ Für ihn habe das tagtäglich bedeutet, den Anschluss in der Stadtmitte zu verpassen. „Ich kam regelmäßig 20 Minuten später zur Arbeit.“

Kunde: Aktuelle Angebot ist eine Zumutung

Gromnitza vermutet, dass die vielen Verspätungen auf seiner Linie daher rühren, dass die Bahnen nun regelmäßig über die Grenze Borbeck hinaus verkehren, die lange Route „offensichtlich viel anfälliger für Verspätungen“ ist. Das aktuelle Straßenbahn-Angebot sei „eine Zumutung für alle Werktätigen, Schüler und Studenten, eine riesengroße Frechheit“.

Ins gleiche Horn bläst Gerd W. Scholl von den Mülheimer Bürgerinitiativen. Er hat sich in einem offenen Brief an die Technische Aufsicht bei der Bezirksregierung Düsseldorf gewandt. Mit seiner Genehmigung der Taktausdünnung, so Scholl an den dortigen Verkehrsdezernenten Matthias Vollstedt, habe er „Tausende von Pendlern mit mindestens 30 Minuten längeren Fahrzeiten bestraft“. Die Taktausdünnung in den Abendstunden auf gar nur einen 30-Minuten-Takt habe etwa für Beschäftigte aus dem Einzelhandel zur Folge, dass sie weit mehr Zeit bräuchten für ihren Heimweg.

MBI beklagen Nachteile für Mitarbeiter im Einzelhandel

Beispiel: Beschäftigte, die nach Geschäftsschluss im Forum (20 Uhr) mit der Linie 102 Richtung Dümpten fahren wollen, müssen sich seit dem 8. Januar sputen, um spätestens die Bahn um 20.28 Uhr ab Hauptbahnhof zu bekommen, die nächste Bahn fährt neuerdings erst eine halbe Stunde später. Für Scholl ist das unsinnig, schließlich seien die Mitarbeiter nach Toreschluss noch häufig damit beschäftigt, aufzuräumen oder die Kasse zu machen.

„Warum lehnen Sie die Taktausdünnung bei der Evag ab und stimmen bei der MVG zu?“, fragt Scholl die Aufsicht der Bezirksregierung. Die Bezirksregierung nahm am Montag auf Anfrage Stellung. Die unterschiedliche Handhabe in Essen und Mülheim sei darin begründet, dass Mülheim mit der Taktausdünnung umsetze, was im Nahverkehrsplan von 2013 festgelegt sei. Die Essener Evag habe den für eine Fahrplanänderung notwendigen Antrag hingegen zwischenzeitlich zurückgezogen. Insofern habe die Bezirksregierung auch nichts zu entscheiden gehabt.

MVG: Unsere Kollegen kontrollieren das

„Lediglich ein bis zwei“ Beschwerden von Kunden zur Taktausdünnung sind der Bezirksregierung bekannt. „In Fällen, wo der neue Plan sich nicht bewährt, weil zum Beispiel Umsteigebeziehungen nicht funktionieren oder sich der 15-Minuten-Takt nicht bewährt“, so die Aufsicht, „erwarten wir von der MVG, dass nachgearbeitet wird.“

Genau dies kündigte die MVG an. „Unsere Kollegen kontrollieren das“, sagte MVG-Sprecher Jens Kloth. Haltestelle für Haltestelle werde bei betroffenen Linien geprüft, ob nachgebessert werden müsse. Mit Ergebnissen sei in ein bis zwei Wochen zu rechnen.