Mülheim. . Sie schwimmen gegen den politischen Mainstream: Mit ihrer Initiative „Tram Via“ kämpfen Mülheimer Bürger für den Ausbau des Straßenbahn-Netzes.

  • Neue Bürgerinitiative Tram Via setzt sich für den Erhalt und Ausbau des Straßenbahnnetzes aus
  • Initiative positioniert sich klar für den Bau einer Straßenbahnlinie nach Saarn
  • Bürgereingabe hat auch das Ziel, den Kahlenberg-Ast zu retten

Es ist die wohl jüngste Bürgerinitiative in dieser initiativenreichen Stadt: Mit „Tram Via“ wirbt eine Gruppe von zehn Bürgern nicht nur für den Erhalt des Straßenbahnnetzes, sondern für dessen Ausbau. Mit der aktuellen Bürgereingabe zum Gleisbogen an der Oppspringkreuzung sorgt die Initiative derzeit für reichlich politischen Wirbel, weil damit dem todgeweihten Kahlenbergast Leben eingehaucht würde.

Sanierung, Erhalt, Ausbau – unter diese Überschrift stellen die Aktivisten um den Saarner Ex-Piraten Rainer Nelbach (48) ihr Tun. Im Juli hat Nelbach „Tram Via“ aus der Taufe gehoben, als er in der Zeitung vernahm, welche Trassenführungen für eine Straßenbahn nach Saarn politisch debattiert wurden. Die Straßenbahn nach Saarn ist zum ureigenen Ziel der Bürgerinitiative erklärt. Mit Mitstreitern wurden die potenziellen Routen inspiziert, Geo-Daten der Stadt abgefragt und vor Ort nachvermessen.

Kommen die neuen Straßenbahnen die Saarner Straße rauf?

Kämen die neuen Bombardier-Bahnen die Saarner Straße überhaupt hoch, wo in der Spitze eine Steigung von 7,62 Prozent zu überwinden wäre? Die Bürgerinitiative glaubt eine Lösung gefunden zu haben, „aber bauliche Veränderungen müssten sein“, sagt Nelbach. Mitstreiter Thomas Kirchner (46), Einzelkandidat zur vergangenen Kommunalwahl, ist von der technischen Realisierbarkeit überzeugt, schließlich „gibt es am Kahlenberg ähnlich steile Stellen“.

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Die Bürgerinitiave favorisiert eine bestimmte Route für den Saarner Straßenbahn-Anschluss: über die Alte Straße und die komplette Straßburger Allee auf die Kölner Straße (B1) – und von dort rauf zur Kuppe. Für Kirchner wäre dies „am besten umsetzbar“, wegen der breiten Straßen. Auf jener Strecke könne die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit erreicht werden, hier sei auch das größte Potenzial an Fahrgästen zu heben: auf der Kuppe, rund um die Solinger Straße, das Kloster, in Nord- und Südsaarn.

Initiative hat eigenes Netz entworfen

Mit Ziel 1 ist Ziel 2 der Initiative eng verknüpft: Sie setzt sich ein für den Erhalt vorhandener Bahnstrecken, da eingeschlossen ist der zur Stilllegung ausgerufene Kahlenberg-Ast. „Wenn ich das Südnetz plattmache und mäandrierende Vorstadtbusse einsetze, bekomme ich Fahrgastverluste, die am Ende vielleicht als Umsteiger in eine Bahn nach Saarn fehlen“, sagt Kirchner. „Das Netz wird sterben, wenn es immer unflexibler wird“, fügt Nelbach an. Er beklagt, dass heute Gelder der MVG verschwendet würden, weil etwa am Hauptfriedhof Straßenbahnfahrer eine Zwangspause einlegen müssen, bevor sie in Gegenrichtung losfahren können.

Kirchner glaubt, eine Lösung für solche Probleme zu haben. Er plädiert dafür, dass im Süden ein Ringbahnverkehr über Kaiserstraße und Kahlenbergast geschaffen wird und eine Bahn wieder gen Flughafen rollt. Dazu hat er ein Netz samt Taktzeiten entworfen, dass die Kaiserstraße hoch einen 15- und im übrigen Südnetz mindestens einen 30-Minuten-Takt vorsieht. Nötig wären für sein komplettes Netz in der Spitze lediglich 14 Bahnen (plus Reserve).

Überzeugung: Das ist Liniennetz ist zu halten, trotzdem kann man sparen

Aktuell führen allein neun Bahnen pro Stunde zum Hauptfriedhof, bei seinem Konzept seien es nur zwei, so Kirchner. Und das mit einem Netz, dass Bürger aus dem Süden umstiegsfrei und in akzeptabler Taktung sowohl über den Linienweg der 112 nach Oberhausen als auch über den Weg der 104 gen Winkhausen und Essen bringe. Für ihn ist mit seinem Netz der Beweis angetreten: Man kann auch das Liniennetz erhalten und trotzdem sparen.

Wer sich die Ideen näher anschauen möchte, den informiert die Bürgerinitiative gerne, vielleicht auch bei einer ihrer Exkursionen, die sie immer mal wieder anbieten will.