Mülheim. . Bei allen 15 Neuwagen der Mülheimer Verkehrs-Gesellschaft muss der Hersteller die Fahrwerke reparieren. Betriebe wussten von Rissen in Schweißnähten.

  • Neben den 15 Mülheimer Bahnen sind auch 27 Fahrzeuge der gleichen Serie aus Essen mit defekten Drehgestellen unterwegs
  • Defekte Schweißnähte sind keine Sicherheitsgefahr, verkürzen aber die Haltbarkeit
  • Auf dem Schaden bleibt lauf MVG die Herstellerfirma Bombardier sitzen

„Mit unseren neuen Niederflurwagen wird alles besser. Wir fahren zuverlässiger. Die Modulbauweise macht Reparaturen einfacher“, kündigte die MVG-Spitze im August 2015 vollmundig an. Bestätigung dafür: Fehlanzeige. Alle 15 neuen Straßenbahnen haben schadhafte Drehgestelle, teilte Nils Hoffmann, Sprecher der Mülheimer Verkehrs-Gesellschaft gestern auf Anfrage mit. Die „defekten Schweißnähte sind keine Sicherheitsgefahr, verkürzen aber die Haltbarkeit. Daher haben wir uns sofort für die Reparatur entschieden.“ Trotzdem soll es möglichst keine Fahrtausfälle geben. Seit einigen Wochen ist nur etwa die Hälfte aller Neuwagen im Einsatz.

Rollkur mit Garantieanspruch

Auf dem Schaden bleibt lauf MVG-Sprecher Hoffmann die Herstellerfirma Bombardier sitzen: Neben den 15 Mülheimer Bahnen sind auch die 27 Fahrzeuge der gleichen Serie aus Essen mit defekten Drehgestellen unterwegs. Die Verkehrsbetriebe in Dortmund und Krefeld haben ähnliche Schäden an allen ihren neuen Niederflurbahnen. „Jeder Wagen hat vier Drehgestelle, macht bei 42 Fahrzeugen von MVG und Evag 168, plus zwölf mitgelieferte Ersatzdrehgestelle“, rechnet Hoffmann vor. „Wir ziehen diese Rollkur jetzt durch, damit uns keine Garantieansprüche verlorengehen. Das würde uns sinnlos hohe Verluste briungen.“

Fahrgäste sollten vom Stillstand der neuen Straßenbahnen wenig merken, sagt der MVG-Sprecher. Bei routinemäßigen Werkstattkontrollen würden die Wagen aufgebockt, um kaputte gegen reparierte Fahrwerke zu tauschen. „Das dauert normalerweise einen Tag.“

Wie lange die Firma Bombardier für die korrekte Reparatur aller 180 Drehgestelle für MVG und Evag brauchen darf, hat die Düsseldorfer Bezirksregierung klar festgelegt: Bis 2018 muss das Austauschprogramm beendet sein. Ob das klappt, dazu will sich niemand äußern. „Die Stücke mit defekten Schweißnähten gehen zuerst zum Bombardier-Werk nach Siegen, werden dort zerlegt“, erklärt Hoffmann. Im polnischen Breslau würden die Teile dann nach den erforderlichen Normen neu verschweißt – im gleichen Werk, das sie zuerst schadhaft verließen.

2,7 Millionen Euro kostet eine neue Niederflurbahn, soviel wie acht gute Einfamilienhäuser. Daher will die MVG auch keinen Cent für die Garantieleistung an Bombardier zahlen. Als die ersten neuen Bahnen in Essen anrollten, hatten sie Kinderkrankheiten. Die sollten bei der zweiten Serie für Mülheim geheilt sein, was offensichtlich nicht funktioniert hat. Die Schweißer der Rahmenteile haben miserabel durchgearbeitet. Bombardier hatte das bereits ermittelt, MVG und Evag davon unterrichtet und zugesichert, die Drehgestelle später nachzubessern.

Darauf haben sich Verkehrsbetriebe eingelassen, weil sie neue Bahnen dringend brauchten. Nicht nur Fahrgäste hätten gern mehr Qualität.