Mülheimer. . Tom Täger, Mülheimer Urgestein, betreibt ein Tonstudio und eine Musikschule. Junge Bands erhalten Auftrittsmöglichkeiten bei einer Konzertreihe .
„Ich habe noch die unfassbaren 60er und 70er Jahre miterleben dürfen“, sagt Tom Täger. Damals, als der Staubsauger Vampir 2000 hieß, die Autos Flügel hatten und es in Mülheim eine Schülerzeitung namens „Flapo“ gab, man beachte das Wortspiel in Anlehnung an die 68er-Bewegung genannte studentische außerparlamentarische Opposition APO. „Aber, wenn ich das heute den Schülern erzähle, unglaublich“, schüttelt er das silbrige Haupt mit der Prinz-Eisenherz-Frisur und grinst in den exakt gestutzten Bart. Der Musikproduzent und Inhaber der „Neuen Schule für Musik“ war in seiner Jugend bei der Rebellion gegen das Spießbürgertum und für kulturelle Freiheit immer vorn dabei: bei der Kassenberg-Ini, bei der Bunker-Szene und bei der Regler Produktion als logische Fortentwicklung.
„Der harte Kern arbeitet seit den 70er Jahren zusammen.“ Und als ein prägender Kopf in der Mülheimer Musikszene mischt Täger heute noch kräftig mit. Dabei hat sich der schlaksige groß gewachsene Mann, Jahrgang 1957, stets seinen eigenen Kopf und eine über den Dingen stehende Haltung bewahrt.
Verantwortungsvoll
Im alten Casino an der Ruhr residiert Täger seit 1983 zur Miete, erst nur mit dem Tonstudio, dann kam ‘97 die Musikschule dazu. Helge Schneider ließ dort seine ersten Platten produzieren, ebenso wie Tom Liwa und „Die Sterne“. Sobald die Musiker „auf eigenen Füßen standen, haben sie die Produktion selbst übernommen“, sagt Täger, woraus sich für ihn die Nachwuchsförderung ergeben hat. „Wenn ich etwas mache, dann mache ich es verantwortungsvoll.“
Er sieht sich als ein Förderer der ersten Stunde: „Und das ist bis heute so geblieben.“ Davon profitieren auch die jüngeren Mülheimer Bands wie Pinke Pank, Atlas, Mutet Kingdom und Schüler-Gruppen. So ist die von Tom Täger ins Leben gerufene Falken-Reihe mit Konzerten, „eine Plattform, wo die Bands unter halbwegs professionellen Bedingungen spielen können.“ Lange Zeit am Ringlokschuppen, jetzt an wechselnden Orten wie zuletzt erfolgreich beim Konzert im Naturbad in Styrum und am Samstag auf der Freilichtbühne.
Die guten Jahre sind verklungen
„Es gibt kaum eine Band in Mülheim, bei der nicht mindestens einer in der Musikschule war.“ Das mag man gern glauben. Über dem großen Mischpult dokumentiert ein Foto an der Wand den Wandel der Zeit: Es zeigt die Band „Bluttat“ 1985, mit Hans-Uwe Koch, damals noch Punker und heute Regler-Vorsitzender, samt Kümmerling auf dem Tisch.
Die guten Jahre der Musikproduktion sind irgendwann verklungen. „In den 90ern ist der ganze Markt kaputt gegangen“, sagt Täger. „Und mit Tonstudios in dieser Größenordnung ließ sich kein Geld mehr verdienen.“ Da kam ihm die Idee mit der Musikschule. Die hat sich mit aktuell 14 Musik-Dozenten auf Honorarbasis zu „einem mittleren Betrieb“ entwickelt. Vom Vorschulalter bis über 70 Jahre reicht das Alter der Schüler, die in fünf Räumen in Klavier, Gitarre, Schlagzeug, Bass, Saxophon und sogar Orgel unterrichtet werden können. Daneben gibt’s Hilfe beim Songschreiben und Unterstützung für Bands.
„Chef“ einer Musikschule ist Tom Täger jetzt, dazu ist er von der Künstler-Sozialkasse ernannt worden, wie er sagt. Denn eigentlich wollte er immer so etwas wie Helge Schneiders Teekoch für seine Mitarbeiter sein.