Mülheim. . RWE soll 49-Prozent-Gesellschafter beim Mülheimer Energiedienstleister (Medl) bleiben. Die erneute Partnerschaft soll für 20 Jahre gelten.
- Politische Mehrheit will RWE als Gesellschafter des Energiedienstleisters Medl halten
- Entscheidung fiel nach intransparenter Debatte nicht-öffentlich und in geheimer Abstimmung
- Grüne und Beteiligungs-Chef Dönnebrink im Clinch
RWE soll 49-Prozent-Gesellschafter beim Mülheimer Energiedienstleister (Medl) bleiben. Diese Entscheidung fällte der Stadtrat am Donnerstagabend in nicht-öffentlicher Sitzung, dazu noch in geheimer Abstimmung.
Mit 30 Ja- und 16 Nein-Stimmen (bei einer Enthaltung) folgte die Politik dem Vorschlag von Kämmerei und Beteiligungsholding, die zum Jahresende hin zu klärende Frage der künftigen Gesellschafterstruktur bei der Medl zugunsten des RWE zu entscheiden. So traf der Stadtrat die Grundsatzentscheidung, dass weder die Stadt noch private Dritte die RWE-Anteile übernehmen sollen. Die erneute Partnerschaft mit RWE soll für weitere 20 Jahre besiegelt werden. Um dies zu fixieren, hat der Stadtrat die Stadtspitze zu finalen Verhandlungen beauftragt.
Deal ist schon vorverhandelt
Um alte Verbindlichkeiten gegenüber RWE aus Zeiten der Medl-Gründung von 39,2 auf 21,2 Millionen Euro zu drücken, ist die Stadt zu weiteren Zugeständnissen gegenüber dem Konzern bereit: So soll RWE künftig an den Ausschüttungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWB partizipieren. Auch will die Stadt auf ihr Sonderkündigungsrecht nach zehn Jahren bei der Stromkonzession verzichten, die RWE das lukrative Geschäft mit dem Betrieb des Mülheimer Stromnetzes sichert. Auch will RWE Millionen springen lassen dafür, dass man weiter bei der Medl im Boot sitzen darf.
Eben diese Millionenlast, die RWE nun der Stadt abnehmen will, ist für Beteiligungschef Dr. Hendrik Dönnebrink das entscheidende, wirtschaftlichkeitsgetriebene Argument für eine fortgesetzte Partnerschaft. Nach dem Ratsvotum stellte er fest, dass die Stadt schon bei der Medl-Gründung 1997, seinerzeit unter Schwarz-Grün, einen Konstruktionsfehler begangen habe, als sie sich fehlendes Eigenkapital von der damaligen Partnerin, RWE-Tochter Rhenag, habe stunden lassen. In der Folge habe die Politik nie den Beschluss gefasst, für jene fast 40 Millionen Euro eine Rücklage zu bilden, um zum jetzigen Zeitpunkt Handlungsfreiheit zu besitzen. Er als Beteiligungschef habe darauf seit zehn Jahren in Hauptausschuss und Aufsichtsrat der Beteiligungsholding hingewiesen.
Jenen „Konstruktionsfehler“ sieht neben den MBI, die die Altschulden gerne über einen RWE-Aktienverkauf finanziert sähen und eine Übernahme der RWE-Anteile durch die Stadt favorisieren, heute auch Grünen-Fraktionssprecher Tim Giesbert. Gleichwohl bleibt er bei seiner Kritik an Beteiligungsholding und Kämmerei, von vornherein Allianzen fernab von RWE kategorisch ausgeschlossen und mit Interessenten keine ernsthaften Gespräche geführt zu haben, obwohl dies per Ratsbeschluss vor Monaten eingefordert wurde. Die Last der Altschulden sei kein Argument, nicht mit Dritten zu verhandeln. Womöglich wären diese auch bereit gewesen, einen Teil der Last zu tragen. Für Giesbert ist das Weiter-so mit RWE „eine Rolle rückwärts“.
Abweichler bei SPD und/oder CDU?
Die Grünen hatten am Donnerstag geheime Abstimmung beantragt. Stimmen pro Fortführung der RWE-Partnerschaft sind der SPD, CDU, FDP und dem BAMH, der letztlich Dönnebrinks Wirtschaftlichkeitsargumente für stichhaltig erachtete, zuzuordnen. Vermutet wird, dass es Abweichler bei einer oder beiden großen Parteien gab.
Die Kritik der Grünen ließ Dönnebrink nicht unerwidert: Die Grünen hätten im Diskussionsprozess vorab stets andere Vertreter zu insgesamt fünf Arbeitsgruppensitzungen geschickt, zu einer Sitzung seien sie gar nicht erschienen. So habe den Grünen die Komplexität der Transaktion offenbar nicht vermittelt werden können.
Verhandlungen mit Dritten hätten nur Sinn gemacht, so Dönnebrink, wenn die 40-Millionen-Euro-Frage vorab gelöst worden wäre. Ohne Klärung „kann ich mir gar kein Gebot machen lassen“.