Mülheim. . Bei Einsätzen wie am Wochenende sehen sich Einsatzkräfte verstärkt aggressiven Gruppen gegenüber. Polizeichef: Provokation oder Gewalt nicht geduldet.
- Acht Polizeibeamte wurden bei Einsätzen verletzt
- Gemeldete Ruhestörung eskaliert zu Großeinsatz
- Polizisten werden beschimpft und angespuckt
Schnittverletzungen, Prellungen, Zerrungen – in der Nacht zum Sonntag wurden mindestens acht Polizeibeamte bei Einsätzen verletzt (wir berichteten). Ein Polizist musste sich ambulant im Krankenhaus behandeln lassen, ein Beamter wird länger dienstunfähig sein.
Ein Beamter ist dienstunfähig
Die unschöne Bilanz einer ereignisreichen Nacht, die gegen halb zwölf mit einem Menschenauflauf in Eppinghofen begann, den die Polizei mit hohem Kräfteeinsatz noch verhältnismäßig gesittet auflösen konnte. Um sich eine Stunde später mit aggressiven Jugendlichen an der Augustastraße im Wortsinne herumzuschlagen. Dass laut Polizei-Angaben der Diensthund einen Jugendlichen stoppte, dessen Bisswunden stationär behandelt werden, zeigt, dass hier polizeiliche Ansagen offenbar gar kein Gehör mehr fanden. Negativer Höhepunkt der Nacht: Der Einsatz am Winkhauser Weg, weil die Partymusik zu laut war. Verwarnungen wurden ignoriert, die Musik noch lauter. 15 Partygäste, zwei Polizeibeamte: Am Ende konnte nur ein massiver Einsatz etlicher Streifenwagen die Feier beenden. Sechs Festnahmen, neun Verletzte, sieben auf Seiten der Polizei.
Schockiert und betroffen zeigte sich Polizeipräsident Frank Richter: „Provokation oder Gewalt gegen meine Beamten sind für mich unter keinen Umständen hinnehmbar. Vorfälle dieser Art lassen wir strafrechtlich konsequent verfolgen.“ Angriffe, Beleidigungen, Respektlosigkeit seien Polizisten leider immer öfter ausgesetzt. „Ich weiß, dass meine Beamtinnen und Beamten auf Angriffe und Provokationen mit großer Professionalität reagieren“, so der Behördenchef.
Die Anlässe der letztlich ausgeuferten Einsätze sind banal: eine Ruhestörung, ein Streit, bei dem vielleicht auch „ausgeteilt“ wurde, eine einfache Körperverletzung. Ein Streifenwagen fährt hin, um an ruhebedürftige Nachbarn zu erinnern, um zu schlichten, um Personalien aufzunehmen. „Solche Einsätze werden nicht in Dienstgruppenstärke angefahren“, erklärt Polizeisprecher Peter Elke. Doch wenn eine Situation eskaliert, „dann sind die Kollegen sofort da.“
Früher hatte die Polizei Verbündete
Tätlichkeiten sind das eine. Was sich Polizisten allerdings an Beschimpfungen anhören müssen, dass sie angespuckt werden – es scheint heute schon fast Alltag zu sein. „Man muss feststellen, dass der Respekt fehlt“, sagt Sonja Galatsch-Perrey, die stellvertretende Kreisgruppenvorsitzende der GdP, die von Amts wegen viel mit den KollegInnen spricht. 25 Jahre ist sie im Dienst, die meiste Zeit davon war sie auf Streife. „Früher wurde es schon allein dadurch in einer Kneipe leiser, wenn die Polizei auftrat“, erinnert sie sich. Diese Respektlosigkeit, mit der Polizisten begegnet wird, sieht sie heute „durch alle Generationen, alle Altersgruppen.“ Es ist der Job der Polizei, ein Fehlverhalten zu erklären, beim Gegenüber fehle es heute aber oft an der Einsicht, was zu langen Diskussionen führt. „Man glaubt es der Polizei heute oft nicht, dass sie auf der rechtlichen Seite sicher ist“, so ihre Einschätzung.
Das war mal anders. „Früher hat die Polizei Verbündete gehabt“, sagt Galatsch-Perrey. Wenn in einer Gruppe jemand renitent wurde, gab’s immer andere, die deeskalierend wirkten. Leute, die einlenkten, die die Aggressiven ausbremsten. Heute sieht sich die Polizei, die mit zwei Beamten zum Einsatzort kommt, nicht selten einer ganzen aggressiven Gruppe gegenüber, die gemeinsam eine Front bilden.
Forderungen der GdP
Die GdP fordert, dass Angriffe auf Polizisten eigener Straftatbestand mit Mindeststrafe wird. Dass zeitnah geurteilt wird und dass die Tätlichkeit vor Gericht nicht „untergeht“, weil jemand, der einen Polizisten verletzt hat, wegen eines schwerwiegenden Deliktes verurteilt wird.
GdP-Chef Heiko Müller (Gewerkschaft der Polizei Essen und Mülheim) verweist darauf, dass im Dienst verletzte Beamte Schmerzensgeld vom Täter privat einklagen müssen. „Wenn der nichts hat, schaut man in die Röhre. Wir wollen, dass die Behörden in Vorkasse treten.“