Mülheim. . Bürger werden an den 620 örtlichen Geldspielgeräten in diesem Jahr so viel Geld verzocken wie nie. Da hilft der Glücksspielstaatsvertrag wohl wenig.

  • Mülheimer werden 2016 wohl satte 16,7 Millionen an Glücksspielgeräten verzocken
  • Inzwischen gibt es in der Stadt 62 Spielhallen und 637 Geräte
  • Der Glücksspielstaatsvertrag sollte Auswüchse bremsen – bisher ohne Erfolg

Wenn die Prognose der Stadtkämmerei zutrifft, werden Bürger am Ende dieses Jahres an den Glücksspielgeräten dieser Stadt so viel Geld verzockt haben wie nie zuvor. Es wären satte 16,7 Millionen Euro. Das verwundert, versprach doch eigentlich der Glücksspielstaatsvertrag von Dezember 2012, dass die Auswüchse des Geldspiels gestoppt und gar umgekehrt würden. Ein Blick auf die Rechtssituation: Der Glücksspielstaatsvertrag galt als Versuch zu reparieren, was die Rechtslage seit 2006 befördert hatte: ein ungebremstes Ausbreiten von Spielhallen, das auch in Mülheim an Zahlen abzulesen ist: Hatte es Ende 2005 noch 32 Spielhallen mit 254 Geldspielgeräten gegeben, so waren es sieben Jahre später schon 62 Spielhallen und 637 Geräte.

Mit neuem Glücksspielstaatsvertrag sollte das Feld nun eigentlich – auch zum Zwecke der Suchtprävention – bereinigt werden. Denn, so wurde es festgelegt: Zum 1. Dezember 2017 soll im Umkreis von 350 Metern nur noch eine Konzession für den Betrieb von maximal zwölf Geldspielgeräten existieren. Ebenso sollen 350 Meter Abstand zu Schulen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen eingehalten werden.

Unbillige Härte geltend gemacht

Schon mit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages herrschten im örtlichen Gewerbeamt Zweifel daran, ob dies rechtssicher umzusetzen sein wird. Klagen der Glücksspielindustrie wurden erwartet. Immerhin hätte die 1:1-Umsetzung allein für Mülheim bedeutet, dass die Zahl der Spielhallen von aktuell 60 auf 17 mit dann nur noch 204 statt 620 Geldspielgeräten zulässig wäre. Nun hat aber zwischenzeitlich ein Erlass des NRW-Innenministeriums das verschärfte Recht wohl butterweich gespült. Betreiber können nämlich eine unbillige Härte geltend machen, um den Bestand ihrer mitunter bis zu sechs Spielhallen (70 Geräte) an einem Standort zu sichern. Dies kann laut Jörg Eickhoff vom Ordnungsamt der Fall sein, wenn ein Betreiber etwa einen beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden zu befürchten hat, sollten ihm Konzessionen entzogen werden. Denkbar ist dies etwa dann, wenn er noch einen langfristigen Mietvertrag besitzt oder er darlegen kann, dass sich seine Investitionen in einen Standort noch nicht amortisiert haben.

Die zwei größten Spielhallen-Betreiber im Stadtgebiet, die bundesweit tätig sind, haben eine solche Ausnahmegenehmigung laut Eickhoff schon eingefordert. Mit weiteren ist sicher zu rechnen. Das Ordnungsamt hat sämtliche Betreiber angeschrieben und aufgefordert, bei Bedarf bis zum 30. September entsprechende Anträge einzureichen. Die Finanzabteilung der Stadt ist eingeschaltet und soll etwaige Härtefall-Anzeigen auf Stichhaltigkeit prüfen. Mülheim will sich auch noch mit umliegenden Städten abstimmen, wie weiter vorgegangen werden könnte.„Ich denke, dass wir im Frühjahr 2017 einen Schritt weiter sind“, sagt Eickhoff. Er weiß: Bis dahin werden weitere Millionen in Mülheims Spielhallen verzockt sein.