Mülheim-Saarn. . Einmal im Monat kommen rund 50 Menschen, deren Geld nicht ausreicht, zum Mittagstisch im Treffpunkt an der Landsberger Straße. Spenden ermöglichen den Einkauf der Lebensmittel.
Hinten in der Küche köcheln im riesigen Topf Kartoffeln, gleich werden Gudrun Kottsieper und Petra Melis daraus einen Berg Püree stampfen, Alfred Drüen gießt vorne an der Theke noch eine Runde Cola ein, aus dem großen Saal dringt Stimmengewirr. An den Tischen sitzen Bedürftige, sie warten auf ein Mittagessen, das sie hier im Saarner Treffpunkt an der Landsberger Straße einmal im Monat kostenlos bekommen – ein Team von Ehrenamtlichen aus der katholischen Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt und Spenden machen das möglich.
Manchem hier im Saal sieht man bei genauerem Hinsehen an, dass es ihm das Leben bislang nicht leicht gemacht hat – ausgezehrte Gesichter, graue Haare, verschlissene Kleidung. Andere hingegen wirken gepflegt und machen nicht den Eindruck, wirklich bedürftig zu sein. Gleichviel, Brigitta Schwarz, 75 Jahre alt, und ihr Team wollen helfen – jedem, der es nötig hat.
Etwa 50 Leute kommen immer
Vor fast 17 Jahren, als ihr Mann in Rente ging, brachte Brigitta Schwarz die Idee eines Mittagstischs für Bedürftige nach Saarn – sie kannte eine ähnliche Einrichtung in Styrum durch eine Bekannte. „Damals war die Not vielleicht noch größer“, blickt die Saarnerin zurück. Wobei der Zustrom über die Jahre nahezu konstant geblieben ist, um die 50 Leute kommen immer. Hatte Brigitta Schwarz bei der Gründung des Mittagstisches an Obdachlose gedacht, sind es heute vor allem Hartz IV-Empfänger oder Menschen, die hinten und vorne nicht auskommen mit ihrem Geld. „Man muss darüber hinweggucken, wenn mal einer dabei ist, der es vermeintlich nicht nötig hat“, sagt die 75-Jährige.
Dass jeder ihrer Gäste es nicht leicht hat, wissen Brigitta Schwarz und die anderen vom ehrenamtlichen Team. Doris Drüen, ebenfalls Gründungsmitglied des Mittagstisches, sagt: „Die ersten kommen um halb neun morgens und essen bis mittags durch – erst Kuchen, dann Mittagessen.“
Die Menschen sind dankbar
Ihre Hilfe habe sich rumgesprochen, haben die Ehrenamtlichen erfahren – hier sitzen nicht nur Mülheimer, auch Bedürftige aus Duisburg oder Düsseldorf sind gekommen. „Vor Weihnachten“, berichtet Alfred Drüen, „sind es bis zu 70 Leute.“ Dann kaufen sie eben für 70 ein – das machen die beiden Männer im Team, beide um die 80 – und kochen für alle – das machen die Frauen – die jüngste ist 46 Jahre alt. Verstärkung durch weitere Jüngere wünschen sie sich, die Gründungsmitglieder wollen allmählich kürzer treten.
„Ohne Spenden ginge es nicht – wir bekommen viel von einer Mülheimer Bäckerei geschenkt und gute Preise beim Metzger im Supermarkt, den kenne ich von früher“, verrät Brigitte Schwarz. Doris Drüen fügt hinzu: „Die Menschen sind wirklich dankbar, eine Frau hat uns schonmal Blumen mitgebracht.“ Darüber freuen sie sich natürlich und nehmen es als Ansporn, auch am Freitag in vier Wochen wieder ein kostenloses Mittagessen anzubieten. Ihr Antrieb dazu bleibt die Nächstenliebe.
Zwei Stammgäste: Erika und Ute
Erika und Ute – die Vornamen sollen hier genügen – sind zwei der Gäste im Saal des Begegnungszentrums, die beiden Frauen kommen regelmäßig zum kostenlosen Mittagstisch der Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt. Erika, gepflegte rote Haaren, schickes Brillengestell, erzählt, dass das Geld einfach nicht mehr reiche, seit sie Witwe ist. „Ich spare, wo ich kann, hab schon Telefon und Zeitung abbestellt – trotzdem ist es mehr als eng“, sagt die 66-Jährige. Sie selbst habe jahrelang ein älteres Ehepaar zu kostenlosen Mittagstischen begleitet, nicht nur hier nach Saarn, sondern auch nach Heißen, berichtet Erika. Jetzt, wo sie selbst in der misslichen Lage ist, auf Unterstützung angewiesen zu sein, sei die Hemmschwelle, Hilfe anzunehmen, für sie zumindest nicht mehr so groß gewesen.
Erika gegenüber sitzt Ute, graue kurze Haare, freundliche Augen, rosafarbener Strickpulli. Schon seit 2003 kommt Ute zum Mittagstisch nach Saarn – und möchte die Hilfe nicht missen. „Hier gibt es auch immer Brot, das ein Bäcker spendet, das können wir mit nach Hause nehmen“, freut sich die 71-Jährige, die sichtlich auch den Kontakt zu den anderen Besuchern genießt. Der Austausch, die Gemeinschaft sei wichtig, sagt sie. Erika erzählt: „Wir sind hier wie eine große Familie, helfen uns gegenseitig mit Klamotten aus, informieren uns, wenn einer krank ist. Denn hier gibt es viele Schicksalsschläge und Schwerkranke.“ Sie zeigt in die Runde, nickt einem jungen Mann, vielleicht Anfang 30, zu. Sein Tischnachbar packt gerade den restlichen Kuchen in eine Vorratsdose. Gebe es diese Unterstützung wie den kostenlosen Mittagstisch hier in Saarn nicht, ist Erika überzeugt, „würde viel mehr geklaut.“ Den einen oder anderen habe man hier gemeinsam schon von Alkohol oder Drogen losbekommen, berichtet sie stolz. Nicht nur das Miteinander der Besucher, sondern auch die Betreuung durch die Ehrenamtler sei in Saarn ausgesprochen gut, findet Erika: „Hier trägt keiner die Nase hoch, wir werden so genommen, wie wir sind – alle sind menschlich und herzlich.“