Mülheim. Zwölf Comedians haben einen Gastauftritt im Heimatfilm der Pottkinder um Alexander Waldhelm. Einige machen daraus ganz großes Kino - wie etwa Gerburg Jahnke.

  • Pottkinderfilm ist nach 36 Drehtagen ohne größere Probleme abgedreht
  • Unter den zwölf Stars, die Kurzauftritte hatten, glänzte auch Manni Breuckmann
  • Für die Postproduktion sind weiterhin Spenden willkommen

Zum Schluss kommen die Stars. Ein Dutzend konnte Regisseur Alexander Waldhelm überzeugen, bei seiner Ruhrgebietskomödie mitzumachen. Sie spielen alle dieselbe Rolle und die besteht laut Drehbuch eigentlich nur aus einem Satz. Sie verkörpern den Pförtner bei Schreibwaren HaWek, jenem fiktivem Unternehmen, bei dem Jörg Klüsen, die Hauptperson in dem Pottkinderfilm, beschäftigt ist. Das Personalkarussell bei HaWek dreht sich wohl im Highspeed-Modus, denn die Fluktuation in der Pförtnerloge ist enorm. Jedes Mal sieht Klüsen, verkörpert von Backstein-Akteur Gerd Fleuren, ein anderes Gesicht: Erstaunen, wechselseitige Vorstellung, Verabschiedung – das wär’s eigentlich – dauert vielleicht 45 bis 60 Sekunden. Aber die Comedians machen daraus kleine, mitunter minutenlange Kabinettstückchen. Und so jemand wie Rockmusiker Andy Brings muss gar nichts sagen, sich im Lederdress nur in die Loge fläzen. Kein Wunder, dass der die Probezeit nicht packt.

Drehort ist die Volkshochschule, das Multifunktionsset des Films, die mal Ministerium, mal Arbeitsamt, Unternehmen und Hochschule (die HRW gab keine Drehgenehmigung) war. Im Pförtner-Kabuff an der Müga-Seite sitzt Gerburg Jahnke. Die 61-Jährige ist in eine Liste vertieft, blickt auf, sieht Klüsen, drückt auf einer Leiste allerlei Knöpfe durch und versucht mit zunehmender Verzweiflung, die Mikrofonanlage in Gang zu bringen. Vergeblich ruft sie immer wieder „Stop!“ und öffnet schließlich das Schiebefenster. „Ich bin die Neue“. Den Namen Klüsen findet sie aber nicht auf der Mitarbeiterliste. Man spürt die Überforderung und die Hilflosigkeit der Mitarbeiterin am ersten Tag. Großartig. Schon der erste Take sitzt, am Set sind alle begeistert, können nur mit Mühe das Lachen unterdrücken. Für den Ton gibt es für jene laut Klappe 152. Szene noch einen zweiten Durchgang

Klar, Frauen und Technik

Jetzt unterstreicht die Oberhausenerin die Hilflosigkeit noch mit einem Schluchzen und einigen Tränen. Vielleicht eine Idee zu viel. „Cut!“ Waldhelm freut sich. „Auf die Idee mit dem Mikrofon ist bislang noch keiner gekommen.“ Jahnke lächelt. „Ich bin ja auch eine Frau.“ Klar, Frauen und Technik. Von dem Projekt und Waldhelms Engagement ist sie beeindruckt. „Alexander macht seine Sache sehr gut. Das finde ich super“, erklärt Jahnke, warum es gar nicht so schwer gewesen sei, sie vom Mitmachen zu überzeugen. „Wir haben alle klein angefangen“, sagt sie. So trage sie gerne dazu bei, mit ihrem Namen und Können den Film zu fpördern.

Pünktlich kommt auch Wilfried Schmickler. Herzliche Umarmung. Dass Jahnke mitmacht, war für ihn mit das stärkste Argument, ebenfalls im Film mitzuspielen und für einen Satz aus Köln anzureisen. Er könne schlecht Nein sagen, gibt er zu, und drängt etwas bärbeißig aufs Tempo. So kennt man ihn. Aber es geht auch mit einigen Wiederholungen, weil der Fensterrahmen sein Gesicht verdeckt, schneller als gedacht. Alles läuft routiniert, aber etwas kühl, nicht ganz so locker wie zuvor. Später blafft Schmickler Klüsen dann an, als dieser ihn auffordert, seinen Namen auf der Liste abzuhaken: „Dass lassen Sie mal ruhig meine Sorgen sein.“ Dabei lässt er seine Augen gefährlich aufblitzen, dass sich der Partner eine Erwiderung verkneift und schnell das Weite sucht. Zum gemeinsamen Gruppenbild lächelt Schmickler dann doch ganz entspannt.

Jede Szene mit Kommentar zu Ton und Bild notiert in einer dicken Kladde die Assistentin Chiara Schroer, die Film in Darmstadt studiert. Sie konnte viele wertvolle Hinweise geben, aber auch aus dieser Praxis viel Erfahrung mitnehmen. Die Kladde ist wie ein kommentiertes Inhaltsverzeichnis, damit die Crew beim jetzt anstehenden Schnitt und der Nachbearbeitung nicht den Überblick verliert. Kameramann Stephan Glagla schätzt, dass in den 36 Drehtagen rund 30 Stunden Film belichtet wurden, die auf gut 90 Minuten kondensiert werden müssen.

Mit dem Sicherheitsdienst gedroht

Bei den Promis den Vogel abgeschossen, hat aber wohl Manni Breuckmann. Reden kann der ja, ohne Punkt und Komma. So hat er als Pförtner seine Frau angerufen, ist mit ihr die Einkaufsliste durchgegangen und hat Klüsen eiskalt mit dem Sicherheitsdienst gedroht. Das waren dann 2:40, „aber wir haben fast auf dem Boden gelegen vor Lachen“, freut sich Waldhelm. Und Fritz Eckenga und Kai Magnus Sting waren auch großartig. Der eine läuft beim anderen schon durch die Szene. Man ahnt: Der geht zum Vorstellungsgespräch, um den Anderen abzulösen.

Der Dreh an der VHS macht aber ein ganz anderes Problem deutlich. Dreharbeiten sind extrem lärmempfindlich. Der Rasenmäher macht einen Höllenlärm, von der Schloßsanierung dröhnt der Presslufthammer herüber und bei dem strahlenden Sonnenschein lockt auch der Wasserspielplatz zahlreiche jauchzende Kinder an, denen die Wasserpumpe offenkundig einen großen Spaß bereitet. Allesamt Alltagsgeräusche, denen Passanten keine weitere Beachtung schenken, aber die einer Filmcrew die Haare zu Berge stehen lassen. Mit den Arbeitern kann man natürlich sprechen und sich für das Entgegenkommen erkenntlich zeigen, zu bestimmten Zeiten den Bohrer ruhen zu lassen. „Ein Kasten Bier ist da hilfreich“, sagt Waldhelm. Andächtig muss die Crew am Mittag fünf Minuten warten, bis das Geläut der Kirche verklungen ist. Und so war es einige Tage zuvor auch völlig unmöglich, in einem Kiosk an der Aktienstraße zu drehen, was Waldhelm zuvor gar nicht so klar war. Auf die Schnelle bot Heiko’s Büdchen in Speldorf wunderbaren Ersatz.

Hundewetter am Ruhrstrand

Das Wetter ist die andere große Unwägbarkeit. Größere Wetterkapriolen, die schon Großproduktionen vereitelt haben, blieben der Crew glücklicherweise erspart. Aber bei 16 Grad und Nieselregen am Ruhrstrand liegen, ist eben auch kein richtiger Spaß, wie Michael Mölders, der Sohn der Klüsens erzählt. Und die beiden Hunde wollten dann auch nicht der Regie folgen. Oder auf dem Bouleplatz, wo der Oberhausener Schauspieler Henry Meyer einen charaktervollen Trainer gab und am Himmel Sonne und Wolken beständig wechselten.

Jetzt ist wieder Alltag eingekehrt. „Die Dreharbeiten werden mir fehlen. Es war eine tolle Zeit“, sagt Gerd Fleuren.